Nachdem Lance Armstrong 2005 seine siebte Tour de France en suite gewonnen hatte, richtete er sich bei der Siegerehrung zuerst an den Zweit- und Drittplatzierten. Jan Ullrich und Ivan Basso sollten ein Jahr später wegen ihrer Verwicklung in die Fuentes-Affäre nicht zur Tour starten dürfen. Nun aber standen sie auf den Champs Elysées neben dem Rekordsieger auf dem Podium. Und hörten zu, wie dieser sich zuletzt auch an seine schon damals vorhandenen Kritiker richtete. Und zwar mit den folgenden, vor Pathos triefenden Worten:
"But finally the last thing I’ll say to the people who don’t believe in cycling, the cynics and the sceptics. I'm sorry for you. I’m sorry that you can’t dream big. I'm sorry you don't believe in miracles. But this is one hell of a race. This is a great sporting event and you should stand around and believe it. You should believe in these athletes, and you should believe in these people. I'll be a fan of the Tour de France for as long as I live. And there are no secrets - this is a hard sporting event and hard work wins it.
"So Vive le Tour for ever. Thank you!"
Von Skeptikern und Zynikern
Was wir heute wissen: Die Skeptiker und die Zyniker, die laut Armstrong nicht im grossen Stil träumen können, hatten die ganze Zeit recht. Sie liessen sich nicht korrumpieren, verführen oder verarschen. Oft ist Skepsis eine nützliche Sache. So wie Armstrong und seine Teams mit den Gegnern spielten, mussten schon damals alle Warnlichter aufblinken. Wie übrigens auch an der Tour de France 2012 angesichts der Dominanz des SKY-Teams, hinter die ich ebenfalls ein grosses Fragezeichen setze. Angesichts der sich häufenden Indizien gegen Armstrong - einer nach dem anderen flogen ehemalige Teamkollegen wegen Dopings auf - war klar: Irgendwann musste die Mauer des Schweigens Risse bekommen.
Der verführerische Lügner - passt irgendwie zu Lance. Und vielen anderen im Metier.
Dass die Praktiken des pharmazeutischen Wettrüstens nun auf den Tisch kommen, sauber dokumentiert in der Urteilsbegründung der USADA und abgestützt auf Zeugenaussagen unter Eid, muss für den Radsport nicht von Nachteil sein. Man kann es auch als dringend notwendige Katharsis sehen, denn viele der Akteure von damals nehmen im Radport noch immer Schlüsselfunktionen ein: Hein Verbruggen als Ehrenpräsident des Radsport-Weltverbandes UCI, der damalige Verantwortliche für den Strassenradsport Pat McQuaid als UCI-Präsident, Johan Bruyneel als Directeur Sportif, Doktor del Moral und José "Pepe" Marti als Sportarzt beziehungsweise Soigneur.
Ein klarer Schnitt tut Not
Damit sich etwas zum Besseren wenden kann, muss sich der Radsport zwingend von dieser Art Personal trennen. Und da ist nicht nur die UCI gefragt: Auch die Teams müssen einsehen, dass ein Neustart nicht als potemkinsches Dorf funktionieren kann, hinter dessen blitzblanken Fassaden die alten Netzwerke weiter die Umgehung der geltenden Regeln perfektionieren. Man darf gespannt sein, auf welche Weise die Untersuchungskommission zusammengesetzt werden wird, die bis im Juni 2013 einen Bericht zur Dopingkultur im Radsport der vergangenen 15 Jahre erarbeiten soll. Und mit welchen Kompetenzen die Kommission ausgestattet wird. Oder im Klartext: Welche Fragen sie untersuchen darf.
Der Radsport ist grösser als all die Skandale, die ihn seit jeher begleiten. Die Symphonie aus Mensch, Mechanik, Wetter und Landschaft, die Dynamik verschiedener Rennkonstellationen ist nicht auf übermenschliche Leistungen angewiesen. Selbst wenn die Profis an der Tour de France im Schnitt mit zehn Stundenkilometern weniger unterwegs wären, täte dies der Spannung keinen Abbruch. Die Anstrengung in den drei Wochen wäre auch dann noch immens, die Magie der Tour ungebrochen. Bloss würde dieser stets präsente, quälende Hintergedanke nach der Sauberkeit der soeben gezeigten Leistung etwas in den Hintergrund treten. Und damit den Genuss beim Konsum des Produkts Radsport erhöhen.
Aufklärung statt Glauben
Glauben, zumal an Wunder, hat sich in den vergangenen 15 Jahren als wenig praktikable Strategie im Umgang mit der Dopingproblematik erwiesen. Zumal wenn dies ein Glaube ist, der als "Kirche der Scheuklappen" aka "Santa Ecclesia del'Omerta" durchginge. Was nun gefragt ist, nennt sich umfassende Aufklärung, und die von einigen ins Spiel gebrachte Wahrheitskommission wäre wohl nicht der schlechteste Ansatz. Denn ein Neuanfang ohne Aufarbeitung der Vergangenheit ist zum Scheitern verurteilt. Wo wir schon bei der Vergangenheit sind: Als verspätete Antwort auf Lance Armstrongs gequirlte Pathos-Kacke von Ende Juli 2005 sag ich:
Karikatur: zapiro.com
Aufklärung statt Glauben
Glauben, zumal an Wunder, hat sich in den vergangenen 15 Jahren als wenig praktikable Strategie im Umgang mit der Dopingproblematik erwiesen. Zumal wenn dies ein Glaube ist, der als "Kirche der Scheuklappen" aka "Santa Ecclesia del'Omerta" durchginge. Was nun gefragt ist, nennt sich umfassende Aufklärung, und die von einigen ins Spiel gebrachte Wahrheitskommission wäre wohl nicht der schlechteste Ansatz. Denn ein Neuanfang ohne Aufarbeitung der Vergangenheit ist zum Scheitern verurteilt. Wo wir schon bei der Vergangenheit sind: Als verspätete Antwort auf Lance Armstrongs gequirlte Pathos-Kacke von Ende Juli 2005 sag ich:
Lance, I am so not sorry for you.
But I am sorry for what you did to cycling.
You have destroyed the dreams of many.
You have destroyed the careers of some.
You have badly damaged the image of a great sport.
You are a complete disgrace to the values of fairplay and sportsmanship.
If you want to show a little decency: Never compete again. Never ever line up to a race again next to athletes that have not been corrupted by big money and performance enhancing drugs yet. Stay away from sports.
If you like, start a career with the Mafia, that is where your talents such as intimidation, smearing and blackmailing will yield the biggest profits. And while you're at it: Take Johan Bruyneel with you.
Or better yet: Come clean.
That would be the best you could do for the sport.
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