Die Guides machten aus der Situation das beste, bauten teils abenteuerliche Wildschwein-Pfade in die Route ein und die eine oder andere Sehenswürdigkeit wie aus Schiefersteinen aufgeschichtete, kleine Schutzhütten, in denen die Hirten bei Gewittern Schutz suchen. Und sie trösteten uns, dass es ab dem Chalet Reynard auf 1440m über Meer bis zum Gipfel des Mont Ventoux auf 1912m nur einen legalen Weg für Mountainbiker gebe, der nicht eben spassig oder schön sei. Weiter unten gebe es aber jede Menge Routen, und davon konnten wir uns rund zweieinhalb Stunden lang überzeugen. Anders als am Abend zuvor gab es diesmal einen Platten bei Jurgen zu verzeichnen, und die Minipumpe der Guides kam wegen der modischen, hoch bauenden Felgen nicht recht ans Ventil ran. Zum Glück hatte ich meine kleine Lezyne-Pumpe dabei, die dank Gewinde am Kopf das Ventil zu fassen kriegte und die Guides auch in der Handhabung zu begeistern vermochte.
Kurz nach dieser Zwangspause erklärte der Chefguide dem italienischen Kollegen und mir die schnellste Route zurück nach Bédoin, und kurz darauf liessen wir es fliegen. Der Italiener war bis vor zwei Jahren Profi auf der Strasse und fährt nun Enduro-Rennen. Langsam war der nicht, aber auch nicht schneller als ich. So schossen wir mit bis zu 60 Sachen zurück in Richtung Bédoin, wo wir auf den letzten Metern noch ein paar VIPs von Polar auf ihren Rennrädern ärgern konnten - die hatten ja auch doppelt so viele Höhenmeter in den Beinen als wir. Zum ersten und einzigen Mal auf der Ausfahrt stieg so mein Puls über die 150er-Marke. Zurück im Hotel, mussten 20 Minuten für eine schnelle Dusche, Umziehen und Packen reichen. Dann ging es im einsetzenden Regen zusammen mit Toni, Tom und noch einem Finnen mit einem Mietwagen zurück nach Marseille. In Bédoin hatte ich somit 23 Stunden verbracht, fünf davon im Sattel. Nicht schlecht!
Zunächst war am Flughafen von Marseille noch nichts von einem Streik oder Chaos zu erkennen. Tom musste schon früh auf den Flieger, ich gönnte mir einen Happen und musste dann nochmals etwas Zeit totschlagen, bis ich zwei Stunden vor dem Abflug meines Fliegers mein Gepäck einchecken konnte. Schon dieser Vorgang verzögerte sich durch einen lautstarken Aufmarsch der Gewerkschaft CGT, und auch sonst war es an dem Flughafen organisatorisch ein bisschen ein Puff. Doch das sollte sich als durchaus steigerungsfähig erweisen. Denn die Safety-Kontrolle der Halle 3, von wo mein Flieger abging, war ohnehin schon zu, also musste ich zur Kontrolle der Halle 4. Dort angekommen, ging das Chaos so richtig los. Nachdem ich mich schon rund 20 Minuten lang angestellt hatte, wurden viele Leute kurz vor den Kontrollbändern wieder raus komplimentiert.
Auch für mich ging es danach rund 35 Minuten lang nicht vorwärts. Die Stimmung in der Menge wurde zunehmend gereizt, wer dringend auf einen Flieger musste, wurde gezielt vorgezogen. Am Schluss hatte ich die Kontrolle 20 Minuten vor der Boarding Time meines Fliegers hinter mir und eine Stunde mit Anstehen verbracht. Herzlichen Dank auch an die Gewerkschaft CGT, war ein tolles Erlebnis. Sarkasmus? Definitiv. Immerhin hatte der Flieger kaum Verspätung und hob um sechs Uhr ab, so dass ich mit einem angenehmen Zeitpuffer in Amsterdam ankam. Und auf dem Weg zu meinem Gate noch dem CEO des schweizerischen Shimano-Importeurs über den Weg lief. Er businesslike gekleidet, ich in Shorts und T-Shirt.
Zwischen diesen beiden Aufnahmen des blühenden Mirabellenbaums
an der Salstrasse liegen drei Tage - und der Ausflug nach Fronggraisch.
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