Eines der grössten Reizthemen in Zürich ist immer wieder das Velo: Autofahrer wie Fussgänger hassen Velofahrer mit fast schon religiösem Furor. In den Augen vieler Mitbürger sind Velofahrer Rüpel, die sich an keinerlei Gesetze halten, sich und vor allem andere gefährden und zudem nichts, aber auch wirklich gar nichts zu den Steuereinnahmen beitragen. Denn Velofahrer sind bekanntlich auch ein asoziales Gesindel, zur Erwerbstätigkeit unfähig. Mangels Einkommen bleibt diesem radelnden Subproletariat daher keine Wahl, als auf dem Arme-Leute-Vehikel der Volksrepublik China von vor zehn Jahren herum zu gurken. Und dabei wie gesagt alle anderen, friedliebenden und entspannten Zürcher zu nerven, nein schlimmer noch: mutwillig zu gefährden. Selig sind die Armen im Geiste und ihre betonierten Vorurteile.
Sympathische Idee, ungeniessbare Reaktionen.
Der Tisch des Anstosses - einer von Zweien.
Um es einmal klipp und klar zu sagen: Das Fahrrad ist in urbanen Räumen nicht nur die ökologisch logische Wahl in Sachen Mobilität, es sticht auch nach ökonomischen Kriterien alle anderen Verkehrsträger locker aus. Man ist weit schneller unterwegs als Fussgänger, weit flexibler als mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und steht vor allem nicht im Stau mit den Blechkutschern und deren Statussymbolen - zumindest, so lange einem diese nicht mutwillig die Gasse rechts zustellen, wo zwischen Blech und Trottoir eigentlich eine Lenkerbreite Platz gelassen werden müsste, so steht das zumindest im Strassenverkehrsgesetz. Auch diese lustige, gelb gestrichelte Markierung am rechten Fahrbahnrand dient nicht ausschliesslich dekorativen Zwecken. Zudem braucht ein Velo auch keine 15 Quadratmeter Abstellfläche - ein Bruchteil davon reicht locker aus. Und letztlich stellt sich die Frage: Wie viele Kilos will man bewegen, um den eigenen Arsch zu bewegen? 15 Kilogramm wie beim Velo? 150 wie beim Scooter? Oder 1500 und mehr wie bei den Karren?
Nullsummen- und Rudel-Denken
Ich erkläre mir den Hass mit einem Nullsummen-Denken: Für viele Autofahrer geht jede Verbesserung der Situation für Velofahrer per Definition zu ihren Lasten. Mehr Platz für Velofahrer heisst weniger für Autos, und weil es nicht weniger Autos gibt, heisst dies mehr Stau. Und damit mehr Frust. Und weil sie meinen, als erste im Sandkasten gespielt zu haben, beanspruchen sie für sich auch das Recht, bestimmen zu dürfen, wer ausser ihnen noch im Sandkasten aka Strassenverkehr mitmachen darf. Umgekehrt wird jede Verschlechterung der Situation für Autofahrer automatisch mit der Förderung des Langsam-Verkehrs in Zusammenhang gebracht. Der Langsamverkehr wird so zum Blitzableiter für den Frust der Auto-Immobilen im Stau, Tag für Tag. Denn den Stau tun die sich jeden Tag an, und werden dabei immer verbitterter.
Parade der Unsachlichkeit - oder was zwei Holztische anrichten können.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen