Gestern wäre ich um ein Haar in eine Rauferei mit einem
Autofahrer verwickelt worden – im wilden Osten, genauer in der Thurgauer Hauptstadt Frauenfeld.
Fehlverhalten und Selbstgerechtigkeit sind eine üble Mischung, besonders in
Kombination mit 1.5 Tonnen Blech.
Ich hatte gerade in der Walzmühle bei meinem Bruder Sjoerd das neue Notebook (1.5
Jahre alt, aber so gut wie neu) abgeholt und war kurz nach sechs Uhr abends auf meinem kleinen, grünen
Elend aufm Weg in Richtung Bahnhof. Vor dem Queren der Zürcherstrasse fielen
mir zwei Autos auf meiner Fahrspur auf: Eines stand mittig in der Fahrbahn, das
andere leicht nach rechts versetzt, aber längst nicht weit genug, um die Lücke zu schliessen. Den Blinker hatte keins von beiden gesetzt.
Also rollte ich rechts an den beiden Autos vorbei und verpasste
eine erste Lücke im Verkehr nur knapp – im Unterschied zum ersten Auto. Fünf Sekunden
später bot sich die nächste Lücke, also trat ich in die Pedale und überquerte die Strasse. Beim
Kontrollblick über die Schulter sah ich, wie das zweite Auto ohne zu blinken
nach rechts abbog – ein Verhalten, das für Velofahrer schlicht lebensgefährlich
ist. Worauf ich den Autofahrer mit einer unmissverständlichen, in ganz Europa verständlichen Geste auf sein Fehlverhalten aufmerksam
machte, begleitet von einem „Blinke gefälligst, wenn Du rechts abbiegst!“
Der Blechkutscher reagierte sofort: Mit quietschenden Reifen
änderte er seine Fahrtrichtung und setzte mir nach. Ich legte mein Bike gleich
aufs Trottoir ab und stellte mich auf die Fahrbahn, in Erwartung des Hitzkopfes. Tatsächlich kam der Depp in seinem
Popel-Opel in der 30er Zone mit 50 Sachen auf mich zugeschossen, bremste hart, warf die Fahrertüre auf, sprang heraus und begann gleich zu Zetern:
„Muss ich die Polizei holen? Rechtsüberholen ist nicht erlaubt, Du Arschloch!“
Sein Kopf war gerötet, sein Atem nicht eben frisch und die Distanz zu meinem
Gesicht nahm rasant auf etwa fünf Zentimeter ab.
Ich wies ihn – alle zwei Sekunden von einem „Arschloch!“ aus
der Schnute des Blechkutschers unterbrochen – darauf hin, dass er gerne die
Polizei holen dürfe, schliesslich sei er ohne zu blinken nach rechts abgebogen,
was eine lebensgefährliche Saumode sei.
Zudem habe er mich mit seiner Karre einzuschüchtern versucht, was den
Tatbestand der Nötigung erfülle, und mich wiederholt mit „Arschloch“ tituliert
und somit beleidigt. Und so ganz nebenbei sei er nicht anonym, sein Auto habe
eine Nummer, weshalb er sich sehr genau überlegen solle, was er als nächstes
mache oder sage. Die einzige Reaktion: „Fahr ab, Du Arschloch!“ Lernfähig ist
anders.
Die Freundin des Blechkutschers mochte vom Beifahrersitz dem
Ganzen von Beginn weg nicht zuschauen und senkte verschämt ihren Blick, was ich
nachvollziehen konnte. Sie dürfte wissen, mit was für einem verkümmerten Charakter sie zusammen ist. Selbst riet ich dem Hitzkopf, künftig all seine
Richtungsänderungen per Blinker anzukündigen, er deckte mich nochmals mit einem „Arschloch“-Stakkato ein und wir gingen getrennte Wege. Beide
dürften sich in ihrer Einstellung bestätigt sehen: Autofahrer sind
rücksichtslose Deppen, die sich einen Dreck um schwächere Verkehrsteilnehmer
kümmern. Und Velofahrer sind dreiste Rowdies, welche die Regeln systematisch
missachten.
Nachtrag: Ich musste am selben Mittwoch schon um die Mittagszeit in Winterthur
eine Notbremsung einlegen, weil ein Lieferwagen vor mir ohne zu blinken nach
rechts abbog. Ohne diesen ersten Schreckmoment hätte ich womöglich gelassener
auf den Deppen in seinem Popel-Opel reagiert. Aber zweimal die gleiche Scheisse
ist einmal zu viel – mindestens.
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