Das Muster kam einem bekannt vor – seltsam, wenn auch nicht angenehm: Weil sie jahrelang nur Verluste eingefahren hatten, machte sich die «Basler Zeitung Medien-Gruppe» (BZM) als Eigentümerin der Basler Zeitung auf die Suche nach einem solventen Käufer. Und das ausgerechnet während einer Wirtschaftskrise, wo bekanntlich als erstes (noch vor den Arbeitsplätzen) die Inserate und Ausgaben für Werbung gestrichen werden. Zu einer Zeit also, als die verlässlichste Einnahmequelle jeder Tageszeitung im Schrumpfen begriffen war.
Den Zuschlag erhielten im Februar 2010 ein Wirtschaftsanwalt und ein Investor mit einem durchaus dubiosen Ruf: Tito Tettamanti (Bild oben) hatte sich schon einmal am Sulzer-Konzern versucht, war danach eine der entscheidenden Figuren beim Kauf des Jean-Frey-Verlages und sorgte für die Weitergabe der Perle dieses Verlags an Roger Köppel: So geriet die «Weltwoche» in dogmatisch-neoliberales, SVP-nahes Fahrwasser. Eine Linie, die Köppel seltsamerweise nicht «parteipolitischen Verlautbarungs-Journalismus» nennt, sondern für intelligenten Widerspruch hält. Bemerkenswert ist, dass Köppel sich bis heute weigert, bezüglich der hinter der Weltwoche stehenden Investoren für Transparenz zu sorgen. Nun, seine Schreibe verrät schon genug.
Nachdem also die Basler Zeitung an den Investor Tito Tettamanti (zu 75%) und Martin Wagner (zu 25%, zu Wagner und seinen Plänen mit der BZM hat das Webformat Online Reports ein interessantes Portrait zu bieten) übergegangen war, präsentierten die neuen Besitzer im August einen neuen publizistischen Leiter: Mit dem Weltwoche-Vize, Köppel-Intimus und Blocher-Biographen Markus Somm (Bild unten) wurde jemand zum Chefredaktor der BaZ ernannt, der kein unbeschriebenes Blatt ist. Und bei dem die Richtung klar ist: Gegen links, gegen politische Korrektheit, gegen Gutmenschen, für Gruppenegoismus, Markt und Vorurteile. Zunächst hütete sich Somm aber, die Redaktion allzu forsch auf Kurs zu bringen – und begnügte sich mit Kommentaren, wo Meinung nicht nur statthaft, sondern gefragt ist.
Wie nun die NZZ am zweiten November-Sonntag enthüllte, haben die neuen BZM-Besitzer ein Mandat an eine externe Beratungsfirma vergeben. Diese soll Strategien aufzeigen, wie das Unternehmen wieder in die Gewinnzone geführt werden kann. Beauftragt mit dem Mandat wurde nicht eine in Medienfragen ohnehin bekannte Agentur (da gäbe es durchaus einige in der Schweiz, auch welche mit besserem Erfolgsausweis als Sascha Wigdorovitz), sondern die Robinvest AG: Das ist Christoph Blochers Beratungsfirma, bei dem nur er und eine seiner Töchter Einsitz haben. Ein Familienunternehmen im ursprünglichsten Sinne. Ohne die betriebswirtschaftliche Kompetenz von Herrn Blocher in Frage stellen zu wollen, kann man feststellen: Sein Leistungsausweis im Bereich der Medien ist nichtexistent.
Dass die Produktion von Printmedien in Zeiten von Web-Konkurrenz und Gratiszeitungen ein undankbares Geschäft ist, haben inzwischen fast alle begriffen. Schon vor neun Jahren liess mein damaliger Arbeitgeber Fischer Media von einem externen Berater analysieren, was zu tun sei. Die Folge: Der gesamte Verlag inklusive der dort erscheinenden Titel wurde eingestampft, ich war meinen Job als Fachredaktor los und Fischer konzentrierte sich auf die Geschäftsfelder Druck und Immobilien.
Nur noch mit einem Kübel überm Kopf zu lesen - oder mit einem fetten Brett vorm Kopf?
Man darf gespannt sein, wie es bei der BaZ weiter geht, und zwar in jeder Hinsicht.
Im Hinblick auf die BaZ wage ich, der Analyse Christoph Blochers vorzugreifen: Die Robinvest wird zum Schluss kommen, dass das Verlagswesen nicht in die Gewinnzone gebracht werden kann. Daher wird eine Aufteilung in die Sparten Druck und Verlag empfohlen und für den Verlag oder zumindest Teile desselben ein Käufer gesucht. Worauf Markus Somm als Retter der Medienvielfalt in Basel und der Stellen bei der BaZ auftreten wird – und nach Köppel zum zweiten Verleger und Chefredaktor in Pesonalunion und von Blocher’s Gnaden werden wird. Wenn es anders kommen sollte, wäre ich positiv überrascht.
Die jetzige Situation bietet auf jeden Fall dem Web-Format Online Reports neue Chancen: Ursprünglich ins Leben gerufen, um etwas gegen die Dominanz der BaZ auf dem Platz Basel zu tun, wird Online Reports nun zum Hoffnungsträger. Denn von 20min und von der zweiten Gratiszeitung in Basel, dem «Basler Stab», sollte und kann man das nicht erwarten.
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