Diese Woche geht das Speibsackerl an einen längst Verstorbenen. Dass Bundesrat Eduard von Steiger nicht vor miesen Methoden gegenüber ihm missliebigen Personen Halt machte, weiss man seit dem Dokumentarfilm "Er nannte sich Surava". Aber von Steiger hat noch mehr Dreck am Stecken. Viel mehr.
Anlässlich des Holocaust-Gedenktages wurden bisher unter Verschluss gehaltene Akten (ist ja erst 70 Jahre her…) zur Flüchtlingspolitik der Schweiz während des Zweiten Weltkrieges publik. Und aus diesen Akten geht hervor, dass die Entscheidungsträger in der Schweiz schon seit Sommer 1942 im Detail über die systematische Verfolgung und Vernichtung von Juden im Herrschaftsbereich der Nazis Bescheid wussten.
Als Justizminister der Schweiz lag es an Bundesrat Eduard von Steiger, hierauf eine Antwort zu finden. Die Reaktion bestand dann aber in einer kaltherzig-menschenverachtenden Abwehrpolitik, einer Grenzschliessung, die unter dem Schlagwort "Das Boot ist voll" traurige Berühmtheit erlangen sollte. Im Wissen um die Gefahr für die Flüchtlinge wurden diese an der Grenze zur sicheren Schweiz zurückgewiesen - und damit zehntausenfach in den Tod geschickt.
Es kommt aber noch grotesker: Als Schülerinnen aus der sanktgallischen Grenzregion (genau handelte es sich um die Klasse 2c an der Sekundarschule Rorschach) das Flüchtlingselend, das sie aus eigener Anschauung kannten, in einem Brief an von Steiger schilderten, liess sich der Herr Bundesrat nicht etwa erweichen und von seinem menschenverachtenden Kurs abbringen. Vielmehr instruierte von Steiger umgehend den Schulratspräsidenten in Rorschach, die unbotmässigen Schülerinnen und deren Lehrer einem Verhör zu unterziehen.
So wurde also in der ach-so-freien Schweiz reagiert, wenn sich einzelne nicht an die behördlich verordnete Kaltherzigkeit halten mochten. Auch Grüninger und eben Surava konnten ein Lied davon singen, wobei bei diesen beiden der Schulratspräsident durch Bundespolizisten und das Verhör durch Beugehaft zu ersetzen wäre. Von Steiger ist ein Musterbeispiel eines Schreibtischtäters, einer Krämerseele, durch deren Geiz und Kleinmut viel zu viele Menschen sterben mussten, die man hätte retten können. Schon der Bergier-Bericht dokumentierte die Deutschfreundlichkeit und den Antisemitismus von Eduard von Steiger zur Genüge. Seine Wahl in den Bundesrat wurde denn auch 1940 von Berlin mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen.
Willkommen in der freien Schweiz - NOT!
Die nun veröffentlichten Akten zeigen, wie perfide dieser Sack von Bundesrat seine Rolle als EJPD-Chef missbrauchte, um Kritiker seiner Politik (und deren drastischen Folgen) einzuschüchtern und mundtot zu machen. Dafür gebührt von Steiger auch posthum noch ein Speibsackerl.
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