Sonntag, 31. Oktober 2010

Jollie Jumper - Grün gehts in den Winter

Pumptracks sind als neue Art von Bikestrecken in aller Munde - höchste Zeit, dass ich mir ein passendes Bike aufbaue. Gestatten? My mean green pumptrack machine...

Klar, noch fehlen einige Teile - etwa der Antrieb oder die Räder. Und die Pedale. Ansonsten hab ich aber alle Teile bereit liegen, um aus diesem knallig grünen Rahmen (Modell Jackal von Santa Cruz) einen minimalistischen Pumptrack-Flitzer zu machen. Immerhin werde ich dem Bike auch eine Vorderradbremse und eine Schaltung hinten montieren, um einfacher zu den entsprechenden Strecken radeln zu können.



Der zur Zeit wohl grösste und edelste Pumptrack der Schweiz befindet sich auf Höhe des Schlachtendenkmals am Zürichberg, hoch über Zürich. Und wird dem Vernehmen nach sehr intensiv genutzt: Besonders nach Feierabend sollen sich immer 20 bis 30 Biker eingefunden haben, um an ihrer Fahrtechnik zu feilen - und um ohne zu treten noch mehr Runden auf dem Pumptrack abzuspulen. Denn darum geht es: Gewichtsverlagerung und eine aktive Fahrweise ersetzen die Kurbelei, statt immer nur die Bein- und Hüftmuskulatur zu nutzen, ist hier Ganzkörpereinsatz gefragt.

Donnerstag, 7. Oktober 2010

Traction Avant - quelle beauté!

Moderne Autos setzen mich nur selten in Verzücken - anders diese Schönheit aus Frankreich, die mir anfangs Woche vor die Linse gerollt ist.

Vielleicht liegt es auch daran, dass mein Vater über Jahre Citroëns gefahren ist - aber die Autos dieser Marke faszinieren mich auf Grund ihres Muts zur Eigenständigkeit. Vor allem die älteren, angefangen von SM und DS bis zum legendären Traction Avant.

Und genau so einer tuckerte mir diese Woche in Winterthurs Altstadt vor die Linse. Ein schönes Exemplar, wie einige Details verraten aus den frühen 50ern und liebevoll gepflegt. Dazu noch die gelben Scheinwerfer - die französischen Films noirs lassen grüssen.

Montag, 4. Oktober 2010

Bikewrecks X: Bitte umparken!

Hinter dem ETH-Institut für Maschinenbau und Verfahrenstechnik bin ich neulich wieder auf ein verwaistes Radl gestossen.

Immerhin hält sich der Vandalismus bei diesem Exemplar in engen Grenzen - wenn man mal vom geklauten Sattel absieht. Die lange Standzeit hat jedenfalls dafür gesorgt, dass alle Luft aus den Reifen entwichen ist.

Und weil demnächst die Bagger hinterm Institut auffahren, haben Mitarbeiter eine Aufforderung zum Umparkieren am Lenker befestigt. Ich wage schon jetzt die Prognose, dass dieses Fahrrad bei Beginn der Bauarbeiten noch immer im Ständer stehen und darauf in die Mulde wandern wird.

Samstag, 2. Oktober 2010

Doe dit ons land niet aan

So viel vorweg: ich hab die Skrupellosigkeit und die Machtgeilheit von Mark Rutte unterschätzt. Der Chef der Rechtsliberalen will in den Niederlanden tatsächlich eine von Geert Wilders und reaktionären Christen tolerierte Rechtsregierung anführen.

Appelliert an die Mitglieder seiner CdA: Ex-Minister Ernst Hirsch Ballin.

Aber noch ist nicht aller Tage Abend: Der ehemalige Minister der Christdemokraten (CdA), Ernst Hirsch Ballin, hat auf einem Parteikongress deutlich Position gegen die geplante Minderheits-Koalition von VVD und CdA bezogen. Und das mit den eindringlichen Worten «Tut dies den Menschen in unserem Land, tut dies unserer Partei und tut dies unserem Land nicht an.» Denn diese Regierung wäre auf die Unterstützung durch Geert Wilders und dessen offen ausländerfeindliche PVV angewiesen. Und hätte selbst dann nur eine Mehrheit von zwei Stimmen in der grossen Parlamentskammer - eine knappe Mehrheit angesichts der Tatsache, dass in der CdA rund 40% gegen eine von der PVV tolerierte Minderheitsregierung sind.

Bedeutungslos in den Ballungsgebieten: Die Hochburgen der SGP liegen in der tiefsten Provinz.

Darum schielt Rutte auch auf die fundamentalistisch-reformierte Partei SGP, deren Website an Sonntagen bezeichnenderweise nicht online ist. Diese Partei hat ihre Wählerhochburgen in ländlichen Gebieten der Niederlande, die man salopp als «Bible Belt der Niederlande» bezeichnen kann: Ökonomisch wie gesellschaftspolitisch rückständige Gebiete, wo die Kirche noch im Dorf ist und der Mann noch das Sagen hat.

Dass mit den Rechtspopulisten der PVV und ihrem eitlen Gockel von Vorsitzenden kein Staat zu machen ist, wird Rutte eher früher als später merken. Mit diesem fragilen Konstrukt einer Minderheitsregierung verschafft Mark Rutte zudem der PVV einen Einfluss auf die Politik in den Niederlanden, welche ihrem Stimmanteil von 15% in keiner Weise gerecht wird. Noch stärker gilt dies für die christliche Fundi-Partei SGP, welche dem Konstrukt Ruttes einen noch provinziell-rückständigeren Stallgeruch verschafft.

Legt sich mit allem und jedem ins politische Lotterbett, um Premier zu werden:
Der VVD-Vorsitzende Mark Rutte, der hoffentlich als Premier mit der
kürzesten Amtszeit in die Geschichte der Niederlande eingehen wird.

Wenn es nach mir geht, darf die Regierung Rutte so schnell wie möglich scheitern – und wenn Geert Wilders dabei eine unrühmliche Rolle spielen sollte, wäre das umso begrüssenswerter. Weil dann selbst dem letzten Rutte – pardon, Idioten klar werden müsste, dass mit solchen Leuten kein Staat zu machen ist. Ich gebe dieser Regierung keine volle Legislatur und prophezeie vorgezogene Neuwahlen. Die Frage ist nur: Dauert es bis zum Scheitern der Regierung Rutte ein, zwei oder drei Jahre? The sooner the better, würden Englischsprachige dazu wohl sagen.

Freitag, 1. Oktober 2010

Von tanzenden Ratten und lügenden Schweinen

Dass die SVP auf guten Stil scheisst, ist nichts neues – wer solchen einfordert, hat in ihren Augen keine Argumente und ist obendrein eine Mimose. Mit ihrer jüngsten Kampagne geht die Tessiner SVP aber deutlich zu weit – und ist noch unaufrichtig dazu.

Sie sorgten in dieser Woche für Aufsehen in der Sonnenstube der Schweiz, wie das Tessin auch genannt wird: Plakate, auf denen Grenzgänger, Kriminaltouristen und der italienische Finanzminister Tremonti allesamt eher schlecht als recht als Ratten gezeichnet sind, die sich einen Tessiner Käse einverleiben wollen. Nun ist es schon reichlich geschmacklos, Menschen als Ratten zu (be-)zeichnen. Man könnte auch von einer vorsätzlichen Entmenschlichung reden, die für weitere Schritte eine Grundvoraussetzung ist.

Alles schon mal dagewesen: Ueli Maurer, inzwischen demonstrativ-unwilliger
Verteidigungsminister, vor einem Rattenplakat der SVP Zürich aus den 90er-Jahren.

Noch schlimmer als die geschmacklosen Plakate ist aber die Tatsache, dass deren Urheber zunächst anonym blieben. Das Plakat verwies nur auf eine Website, weitere Angaben zur Urheberschaft gabs nicht. Und auch auf der besagten Website gab kein Impressum über die Urheber auskunft - an sich schon ein Verstoss gegen das Gebot der Transparenz. Für Nachfragen der Medien war nur der Grafiker zu erreichen, der die Illustrationen zu verantworten hat – bezeichnenderweise ein aus Kalabrien zugewanderter Italiener, der seine Landsleute als Ratten darstellt. Auch dieser Herr hüllte sich aber bezüglich seiner Auftraggeber in Schweigen.

Dass am rechten Rand des politischen Spektrums rund um Volksabstimmungen gerne intransparente Adhoc-Komitees gegründet werden, ist in der Schweiz nichts Neues. Anonyme und zugleich menschenverachtende Kampagnen hingegen sind ein neueres Phänomen. Doch es kommt noch dicker: Dass für derartige Schweinigeleien auf Plakatwänden im Tessin eigentlich nur die Lega des ebenso cholerischen wie grossmäuligen Koksers und Waffennarren Giuliano Bignasca oder die SVP in Frage kommt, war von Anfang an klar. Doch beide Akteure verneinten auf Anfrage die Urheberschaft.

Ausländer statt Linke als Ratten, ein Käse statt eines Portemonnaies:
Recycling macht diese Kacke auch nicht besser, Herre Rusconi!

Einige Tage später lädt nun der Präsident der Tessiner SVP, Pierre Rusconi, zur Pressekonferenz. Und verkündet, dass seine Kantonalpartei sehr wohl hinter dieser Kacke auf Papier steckt. Als ob die Kampagne an sich nicht schon niederträchtig genug wäre, musste Rusconi anfangs Woche auch noch die Medien zur Frage der Urheberschaft anlügen. Ein Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Ich wünsche Herrn Rusconi von Herzen, dass er wegen dieser menschenverachtenden Hetzkampagne verklagt wird, die er via Plakatwände losgetreten und über die er zunächst auch noch gelogen hat. Mit dieser anonymen Schmierenkampagne importiert die Tessiner SVP ein weiteres Element der US-Politik in die Schweiz, und das als Partei, die sich als Gralshüterin der schweizerischen Demokratie versteht (und deren Exponenten dennoch dringend ein Repetitorium in Staatskunde nötig hätten). Aber das dürfte Leuten wie Rusconi nicht einmal auffallen.

Statt dessen bedauert Pierre Rusconi heute, dass es den Kritikern der Kampagne schlicht an Humor mangle. Vielleicht ist nicht ein Mangel an Humor das Problem, sondern so etwas wie Anstand beziehungsweise die Existenz eines historischen Bewusstseins, eine Kenntnis der jüngeren Zeitgeschichte und ihrer Zusammenhänge, wie man sie von einem Helfershelfer in Sachen Geldwäscherei und Steuerhinterziehung (Rusconi ist von Beruf Treuhänder...) nur allzu offensichtlich nicht erwarten kann und darf.

Weil niemand bis zu seinem Ableben strohdumm und ahnungslos bleiben muss, empfehle ich Herrn Rusconi eine Beschäftigung mit den Plakatmotiven aus der Zeit des III. Reichs. Einer finsteren Zeit, wo das Reichspropagandaministerium unliebsame Minderheiten zuerst als Tiere (wahlweise als Filzläuse oder als Ratten) zeichnete und dergestalt entmenschlichte, ehe sich der Unrechtsstaat ungestört an die physische Eliminierung derselben machen konnte. Vor allem aber rate ich Herrn Rusconi, die Medien nie mehr anzulügen, denn dieses Foul wird früher oder später auf ihn zurück fallen.

Nachtrag: Die vierte Ratte

Auf dem Plakat vermisse ich eine vierte Ratte namens Pierre. Diese hat ein stets makellos geschniegeltes Fell, kackt dafür aber überall dort hin, wo es ihr grad passt und verpestet so das Klima in der Sonnenstube. Wenn Pierre nicht gerade seinen Darm irgendwohin entlädt, klaut er der anderen Ratte (Giulio) alle Käsestücke, die sich diese gesichert hat, aus dem Sack. Oder er macht Schlagzeilen, weil er ein UFO gesehen haben will – und damit Zweifel an seiner geistigen Gesundheit nährt. Na, Pierre, wie wärs? Einverstanden mit einer Neuauflage der Plakate, oder fehlt es etwa an Humor?