Mittwoch, 31. Dezember 2008

Der Schnauz ist ab!

Nun, da Sämu Schmid die Schlüssel des VBS bereits symbolisch an Ueli Maurer übergeben hat und per Ende 2008 auch protokollarisch aus dem Bundesrat scheidet, kann der Schrubber ab.

Ursprünglich war die Idee mit dem Schnauz ja im Sommer als Solidaritätsbekundung eines aktiven Mountain Bikers für den schwer bedrängten Sportminister entstanden. Aber mit der Zeit gewöhnte ich mich an das Gestrüpp zwischen Nase und Oberlippe. Das muss dem Sämu wohl auch mal so gegangen sein.

Weil Scheiden weh tut und heut Abend in meiner Stammkneipe noch die 20er Jahre als Motto im Raum stehen, hab ich mich entschieden, einen schmalen Stecher-Schnauz stehen zu lassen. Eine Heidenarbeit für ein zweifelhaftes Resultat, das morgen auch noch verschwinden wird.

An dieser Stelle möchte ich allen Lesern meines Blogs noch ein frohes Neues Jahr wünschen - selbst werd ich mich in einer halben Stunde mit einer guten Flasche Moët Chandon im Rucksack auf den Weg in die Altstadt machen, um auf den Jahreswechsel anzustossen. Die Strassenverhältnisse dürften prekär sein, kann also lustig werden.

Sonntag, 28. Dezember 2008

Wenn einer eine Reise tut – Tour de Tzoumaz

Am 27. Dezember erledigte ich einen Botengang für meinen Bruder – und der hatte es in sich, denn er erwies sich als veritable Tour de Suisse.

Das Unterwallis erlebt seit einigen Jahren einen regelrechten Boom: Die Nähe zum Genfer Flughafen, die noch relativ dünne Besiedlung und das angenehme Klima locken eine Menge neue Bewohner ins Tal, und die haben oft einen sehr kosmopoliten Hintergrund. Das gilt auch für den Dutchtub-Kunden, dem wir im Spätherbst eine dunkelgraue Wanne für sein Châlet in La Tzoumaz geliefert hatten.

In der Schweiz 630km zurück zu legen, ohne das Land zu verlassen, ist schon eine Leistung.

Erst auf dem Rückweg fiel meinem Bruder ein, dass er eine ganze Werkzeug-Box inklusive Sprit zum Entfernen von Kleberresten an der Lieferadresse vergessen hatte. Weil Mr. Baron, ein Finanzexperte mit britischem Pass und Anstellung in London, für seine Wanne noch weitere Teile bestellt hatte, die nur schwer (wortwörtlich) per Post zu verschicken sind, wurde ich von meinem Bruder angefragt, ob ich nicht eine Abdeckplane und einen Ofen für die Badewanne ins Wallis fahren könne.

Aussen klassisch, innen modern: Das Châlet der Barons in La Tzoumaz.

Also machte ich mich am Samstag Morgen kurz nach neun Uhr auf den Weg, um via Bern, Fribourg, Vevey und Martigny nach Riddes und dann hoch nach La Tzoumaz zu fahren. Die Bergstrasse war zum Glück weitestgehend schwarzgeräumt, so dass ich auch ohne Allrad-Antrieb ohne Probleme den Berg hoch fahren konnte.

Die Plane und der Ofen inklusive Kamin sind montiert - an einer Wanne
mit einer atemberaubenden Aussicht auf die Walliser Bergwelt.

Zum Glück wusste ich auch, dass die letzten hundert Meter bis zu Mister Baron’s Châlet nicht asphaltiert sind – statt dessen war diese steile Strasse nun dick vereist. Gut, dass ich mich schon gar nicht rein gewagt, sondern den Wagen an der Hauptstrasse abparkiert hatte. Wie ich die Waren zum Châlet trug, tauchte auch Mr. Baron mit seiner Frau auf – direkt von der Piste und standesgemäss im Landrover, der auch auf dem vereisten Strässchen noch viel Traktion fand.

Mister Rupert Baron und sein etwas anderes Badethermometer - ducktastic!

Also wurde ich zum Kaffee geladen, und während wir uns noch über neureiche Russen und deren unterentwickeltem Geschmack ausliessen, erhielt ich eine SMS von meinem Bruder: Wegen des starken Ferienverkehrs sei die Autobahn zwischen dem Kreuz Härkingen und dem Kreuz Wyggertal verstopft, der Stau 25km lang.

Zuoberst im Goms türmte sich der Schnee am Strassenrand
- und erreichte in etwa die Höhe des Dachs eines Audi Q7.

Nun galt es umzudisponieren: Als Alternative bot sich die Route durchs tiefverschneite Goms an, um per Furka-Autoverlad in die Innerschweiz und so wieder nach Zürich zu gelangen. Trotz einiger stehender Hindernisse (öfters Rentner mit einheimischem Kennzeichen als Touristen) kam ich gut voran, und zudem hatte ich in Oberwald Glück: Als einer der letzten konnte ich ohne Wartezeit auf den Zug rollen.

Auch ohne Wartezeit gelang dieser Schnappschuss in Oberwald.

Ganz anders sah das für all jene aus, die in Realp auf den Zug wollten: Auch abends wurden hier noch 2 Stunden Wartezeit gemeldet, am Nachmittag warens wohl noch deutlich mehr. Weiter gings via Andermatt und die letzten Kehren des Gotthard-Passes hinunter, ehe mich die Autobahn wieder hatte – und das Grau-in-Grau der Alpennordseite mit Hochnebel. Da hatte es im Wallis noch anders ausgesehen: Besonders im Obergoms wars ein traumhafter, wenn auch klirrend kalter Wintertag.

Atemberaubend: Die Aussicht vom Furka-Autoverlad aus,
kurz bevor man ins Dunkel des Tunnels eintaucht.

Schon bald verliess ich die Gotthard-Autobahn, um über die kurvige Axenstrasse nach Brunnen und so auf die Autobahn nach Zug und weiter in Richtung Sihltal zu gelangen. Dass der Berlingo erst am Hirzel nach Benzin lechzte, war angesichts einiger Bergstrassen auf der Route sehr erfreulich - fast 600 Kilometer sind bei einem 50-Liter-Tank keine schlechte Reichweite, wenn man in den Bergen unterwegs ist.

Das Navi wusste mit der rollenden Landstrasse nicht viel anzufangen :P

Als ich gegen 18 Uhr Zürich erreichte, war es draussen so dunkel wie zuvor im Furka-Tunnel. Im Vergleich zur Hinfahrt über die überfüllte N1 zwischen Zürich und Bern, wo alle 10 Sekunden auf der Überholspur gebremst wurde, gestaltete sich sogar die Durchfahrt durch Downtown Switzerland geradezu entspannt - mal abgesehen von einem Zuger Linksfahrer, der so dämlich in der Gegend rumgurkte, dass ich ihn am Schluss rechts überholt habe. Mach ich sonst nie, aber hinter diesem Typen zu bleiben, wäre bei dessen Fahrweise noch weit riskanter gewesen.

Gerade spannend ist die Fahrt auf der rollenden Landstrasse nicht - eine Impression.

Für die letzten Kilometer ab Winterthur gab ich nochmals richtig Fersengeld – oder der Berlingo entwickelte Stalldrang. Auf jeden Fall war ich kurz nach halb Sieben abends und nach über 630km Fahrt wieder in Frauenfeld und konnte meinem Bruder den Autoschlüssel retournieren, verbunden mit einem «Mission accomplished».

Freitag, 26. Dezember 2008

Kampfspuren von Weihnachten

Von wegen «Weihnachten ist die Zeit der Besinnung und der inneren Einkehr»: Für uns heisst Weihnachten seit einigen Jahren auch, sich mit Freunden im Wald zu treffen und auf Mountain Bikes um die Wette zu Tal zu kesseln.

Nur die Harten fahrn im Garten - oder starten beim «Green Cup».

Was macht man an Weihnachten, wenn man schon zu alt ist, um noch mit der angeborenen Familie zu feiern – und zu jung, um bereits eine eigene Familie gegründet zu haben? Nun, man kann sich im Wald treffen, um das letzte Downhill-Rennen des Kalenderjahrs auszufahren. Genau das machen wir seit einigen Jahren im Rahmen des «Green Cup».

Vorne die Bikes, hinten der Matsch, klebrig und dennoch keinerlei Halt bietend.

Startgeld wird keins verlangt, die Zeitnahme beschränkt sich auf zwei synchronisierte Uhren (die einstige TV-Serie «Parker Lewis» lässt grüssen), und gestartet wird jeweils zur vollen Minute. Normalerweise hatten wir beim «Green Cup» mit Temperaturen deutlich unter Null und der Kälte zu kämpfen.

Schon nach der Streckenbesichtigung trug manch Starter Sturzspuren.

Doch dieses Jahr war der Hauptgegner etwas anderes: Es ging um den Untergrund, einem Mix aus lehmig-schwerem Schlamm, halb vermodertem Laub und fies schmierigen Wurzeln. Wenn ein Rad ins Rutschen kam, gabs nur noch eines: Bremse auf, und hoffen, dass der Reifen dann wieder greift. Was nicht immer der Fall war.

Als Titelverteidiger kam Marek die Ehre zu, den «Green Cup» zu eröffnen.

Die grösste Herausforderung bestand aber darin, das Tempo möglichst hoch und sich selbst auf dem Bike zu halten – und dabei auch noch nach Möglichkeit alle Kurven zu erwischen und allen Bäumen auszuweichen.

Schramme, Pedaleinschlag oder Prellung? Wohl von allem ein bisserl.

Einen Tag nach dem Rennen zeugt die verhärtete Muskulatur in der linken Schulter davon, dass die Sache mit dem «den Bäumen ausweichen» nicht immer voll aufging – da war der eine oder andere Streifschuss bis Bodycheck mit dabei. Und den rechten Oberschenkel ziert eine Mischung aus Pedaleinschlag, langer Schramme und Prellung.

Schmerzen statt einer erfolgreichen Titelverteidigung gabs für Marek.

Denn die letzte scharfe Kurve der Strecke erwies sich als eigentliche Schlüsselstelle: Hier haute es den Titelverteidiger Marek auf dem Weg zu einer neuen Bestzeit im zweiten Lauf voll hin, wovon nach dem Rennen eine hübsche Schramme an seiner Hüfte zeugte. An derselben Stelle musste auch ich in beiden Läufen zu Boden – allerdings nur im ersten eher heftig und unkontrolliert. Das Problem dieser Kurve: Sie folgte nach einer etwa 15-sekündigen Schussfahrt durch eine mit Laub gefüllte, natürliche Halfpipe, bei der satt Tempo aufgebaut wurde.

Der Sieger (Andi, links) und Marek als Zweitplatzierter hatten sich
nach dem Rennen einiges zu erzählen. Merke: Streifen machen schnell.

Drei kleine Rundhölzer auf der Kurvenaussenseite boten zudem die trügerische Sicherheit eines Anliegers – in Realität reichte dieser Schnittabfall aber nirgends hin, um trotz mutwillig überhöhtem Tempo ums Eck zu kommen. Und zudem stand an der Kurvenaussenseite auch noch ein stattlicher Laubbaum – ein Improvisieren im Sinne von «dann fahrn wir halt einen etwas weiteren Bogen» lag daher nicht drin.

Das böse Erwachen am Tag danach: Eine Menge Dreck klebt hartnäckig am Bike.

Aber der «Green Cup» wäre nicht der «Green Cup», wenn man nicht tags drauf mit einigen frischen Schrammen Weihnachten ausklingen lassen könnte. In diesem Sinne: Es war lustig, und 2009 soll der Termin schon frühzeitig kommuniziert werden, damit noch mehr Fahrer den Weg an den Start des weihnächtlichen Downhill-Rennens finden.

Von wegen Dreck: Das ist eine Sammelsurium dessen, was Waldboden ausmacht.

Den eigentlichen Rennbericht findet man übrigens beim Frontline Magazin.

Sonntag, 21. Dezember 2008

RM Switch – Update

An einem Mountain Bike hat ein neuer Vorbau nix mit plastischer Chirurgie und Silikon zu tun.

Vielmehr bezeichnet Vorbau dasjenige Bauteil an einem Fahrrad, welches den Gabelschaft mit dem Lenker verbindet. Also ein durchaus sicherheitsrelevantes Bauteil, das ich soeben an einem meiner Fahrräder ausgetauscht habe.

Der neue Vorbau ist montiert, mein «Switch» nochmals um 200 Gramm leichter geworden. 17.3 Kilogramm sind für einen 18cm-Bikepark-Hobel ein anständiger Wert. Weil der frisch gefallene Schnee eine gute Leinwand abgab, machte ich mich gleich auf den Weg, um das «Switch» abzulichten. Zum Glück ist das Radl nicht weiss... :P

Bei Gelegenheit muss ich das Bike mal wieder putzen (zuerst nochmals richtig einsauen), dann gibt’s mal Bilder von einem sauberen Radl.

Mittwoch, 17. Dezember 2008

Und wieder ein Jahr älter...


Mit dem Geburtstag ist das so eine Sache: Als Kind kann man die Nacht zuvor kaum schlafen, in freudiger Erwartung von Geschenken und Kuchen. Jahre später ists bloss noch der Tag, an dem man auch offiziell wieder um ein Jahr gealtert ist.

Mir selbst hab ich bereits in Taiwan ein Geburtstags-Geschenk gegönnt. Und weil ich nun einmal nur ungern Trends folge und mit dem Strom schwimme, kam für mich keine der iPod-Varianten in Frage. Statt dessen entschied ich mich, auch als Hommage an meine Zeiten mit hochwertigen Tape-Walkmen des selben Herstellers in den 80er Jahren, für ein kompaktes Modell von Sony.

Klein, handlich und ohne weisse Kopfhörer: Mein MP3-Walkman.

Vor allem weist dieses nur ein sehr kleines Display auf, was in Sachen Robustheit ein grosser Vorteil sein dürfte. Schliesslich sollte das Teil auch wilde Ausritte aufm Bike wegstecken. Und die 2GB Speicher reichen eine ganze Weile hin - schliesslich will ich nicht meine ganze Musik-Sammlung auf Achse bei mir haben. Eine zu grosse Auswahl kann belastend wirken.

Vor lauter MP3-Player und grossen Rolli-Koffer suchen ging eine andere Besorgung in Taipeh komplett unter: Noch immer steckt eine Batterie in meinem Powerbook, die nach 5 bis 10 Minuten ohne Netzstrom die Waffen streckt – der Memory-Effekt lässt grüssen.


Aber oh Glück: Als ich mir die Typen-Nummer der Batterie notieren wollte, um mich auf die Suche nach einer neuen (kostet etwa 160 Franken oder etwas über 100 Euro) zu machen, wurde nach einer kurzen Kontrolle klar: Diese Batterie entstammt der gefährlichen Charge, die Feuer fangen könnte – und wird daher von Apple kostenlos ersetzt. Und nein, die Ersatz-Batterie wird nicht mit Memory-Effekt geliefert. Sehr schön.

Das Switch nach dem Aufbau - mittlerweile sind so viele Teile gewechselt, dass ichs mal wieder ablichten muss.

Gestern (und damit genau rechtzeitig zu meinem Geburtstag) wurde schliesslich auch noch ein kleines Teil von der Paketpost angeliefert, welches das Gewicht meines kanadischen Donnerkeils (auch als Rocky Mountain Switch bekannt) um glatte 200 Gramm senken hilft.

Der «Tweet Tweet»-Vorbau von Spank war mir bereits bei der Hausmesse von intercycle aufgefallen, weil er schlicht und erzsolide daher kommt, die richtigen Stummelmasse aufweist und erst noch ansprechend leicht ist.

Neu: Kompakt, leicht, hübsch anzuschauen und ohne Firlefanz...

Nun, um genau zu sein: Das Teil ist mit 177 Gramm fast exakt 200 Gramm leichter als der doch etwas grobschlächtige Vorbau von Pauli Components, der zuvor Lenker und Gabelschaft miteinander verband.

... und alt: Ist der Dick, Mann! Gleiches Teil, gleiche Funktion, 200 Gramm Ballast.

Damit noch nicht genug: Weil der Komponenten-Hersteller FSA allen Journalisten, die auf der Taiwan-Pressereise das neue Werk besichtigten, einige eigens gelaserte Abschlusskappen für den Steuersatz zukommen liess, ist mein Switch nun sogar angeschrieben – mit Namen und Verlag, haha. Normalerweise muss man erheblich besser sein aufm Bike, bis dieses mit einer so professionellen, persönlichen Beschriftung versehen wird.

Pimp my Ride: Ganz schön dreist, die Custom-Topcap für den Steuersatz. Feel like a Pro.

Dienstag, 9. Dezember 2008

«101 Tower» – Standing on top of the World

Wenn ein Bauwerk zum Wahrzeichen eines ganzen Landes wird, dann hat es sich einen eigenen Blog-Eintrag redlich verdient. Vorhang auf für den «101 Tower».

Schnittzeichnungen geben Aufschluss über den enormen Konstruktionsaufwand.

Zwischen 1999 und 2004 erbaut, ragt Taipeh’s «101 Tower» 509 Meter hoch in den Himmel über Taipeh. Auch ohne die Antenne sinds bis zum 101. Stock 448 Meter – oder eineinhalb Eiffeltürme. Höchst beeindruckend, auch wenn der «101 Tower» seinen Titel als welthöchster Wolkenkratzer inzwischen an den noch nicht vollendeten (aber bereits jetzt über 650m hohen) Burj Dubai verloren hat.

Der Edel-Lautsprecher-Hersteller BOSE nimmt den «101 Tower» in seine Werbung auf.

Mit 1.6 Milliarden Euro nimmt sich das Investitionsvolumen in Zeiten der Finanzkrise geradezu bescheiden aus. Da hätten die Grossbanken mit jedem Abschreiber mehrere solcher Türme bauen können, was die Dimensionen nochmals verdeutlicht. Der Abschreiber, nicht des Turmes, wohlgemerkt. Zumal der «101 Tower» mit seiner Nutzfläche von 412'500 Quadratmetern wohl einen erheblich höheren Nutzwert hat als die Vernichtung spekulativer Finanzwerte.

Leicht und luftig: Das Atrium der «101 Mall», das hochklassige Speiselokale beherbergt.

Glitzer und Glanz in der Mall
Das Gebäude steckt voller Superlative: Das beginnt mit der «101 Mall», die an den eigentlich nicht öffentlich zugänglichen Turm anschliesst. Ebenfalls aus Stahl und Glas erstellt, bietet diese eine Unmenge an edlen und edelsten Boutiquen. Von Designern über Nobeluhren bis zu Elektronikanbietern sind alle Namen mit Flagship-Stores vertreten, die einen noblen Klang haben und die Kassen klingeln lassen.

Viele Gestaltungselemente der Turmfassade findet man in der Mall wieder.

Manche Shops sind alleine schon einen Besuch wert, etwa der konsequent durchgestylte Flagship-Store von Louis Vuitton. Ich begnügte mich in Sachen Konsum mit einem schicken, kleinen MP3-Player von Sony, der sich mit 2700 Taiwan-Dollars (etwa 90 Franken) noch in einem vertretbaren finanziellen Rahmen bewegte.

Und wie beim Turm kommt man sich auch hier schnell mal klein vor.

Mit 60 Sachen in Richtung Panorama-Plattform
Vom grosszügigen Atrium aus, wo verschiedenste Restaurants (aber kein Hamburger-Brater, solcher Schlangenfrass fürs gemeine Volk hat in diesem Umfeld nichst verloren: Die McDonalds-Filiale ist darum ins Untergeschoss verbannt, wie auch die übrigen Shops mit bezahlbarem Sortiment und weniger klingenden Namen) zum Dinieren laden, geht’s mit dem weltschnellsten Aufzug mit Tempo 60 hoch ins 89. Stockwerk – auf die Aussichtsplattform.

Die Damper-Babies gibts nicht nur als Souvenir zu kaufen: Sie weisen auch den Weg zum 660-Tonnen-Ungetüm von Schwingungsdämpfer.

Bei gutem Wetter gibt’s sogar eine Freiluft-Gallerie im 91. Stock. Diese war zur Zeit unseres Besuchs aber wegen der heftigen Winde geschlossen. Dafür hofften wir, dass sich der 660 Tonnen schwere Schwingungsdämpfer, eine massive Stahlkugel mit 5.5 Metern Durchmesser, angesichts dieser Winde sichtbar bewegen würde.

660 Tonnen hängen an vier mal vier beindicken Stahltrossen: Wehe, wenn er losgelassen.

Aber nichts da, da muss wohl wirklich ein ausgewachsener Taifun oder ein mittleres Erdbeben am Turm rütteln, dass man dieses von riesigen Stossdämpfern im Zaum gehaltene, an dicken Stahltrossen hängende Teil bewegen sieht. Im Extremfall sollen bis zu 150cm Auslenkung drin liegen.

Diese Einstellung bietet einen Blick auf einige der überdimensionierten Dämpfer.

Ein stachliges Häusermeer, so weit man blickt
Noch beeindruckender als all die Rekorde ist aber die Aussicht, die man vom «101 Tower» auf Taiwans Hautstadt geniesst. Gebäude, die ansonsten monumental wirken, schrumpfen aus über 400 Metern Höhe auf Spielzeug-Dimensionen – etwa der Schrein von Yun Yat-sen. Und auch die enorme bauliche Dichte, die sich schon am Boden aufdrängt, wird aus der Höhe noch deutlicher: Wohin man auch blickt, man sieht ein Meer von Gebäuden – und nur wenige Grünflächen.

Hier wird deutlich, wie sehr sich Taipeh ins Umland vorgefressen hat: So ist diese Stadt, deren Einwohnerzahl sich von 1935 bis heute glatt verzehnfacht hat, um einige bewaldete Hügel herum weiter und weiter gewachsen. Und doch scheinen die 2.3 Millionen Einwohner noch wenig, verglichen mit den bevölkerungsreichsten Metropolen der Welt.

Die gelbe Fläche links in der Mitte ist das Dach des Sun Yat-sen-Schreins.

Im Eintritts-Preis von 400 Taiwan-Dollars ist auch die Benutzung eines Informationssystems inbegriffen: Die Aussicht vom Turm ist in durchnummerierte Sektoren unterteilt, zu denen sich über einen Knopf im Ohr Informationen ab Band in diversen Sprachen abrufen lassen. Dies hilft, um sich im Gewirr des Häusermeers unter einem zurecht zu finden.

Der rote Punkt links im Bild markiert die Lage des Hotels «Agora Garden», meiner Bleibe.
(wie für alle anderen Blog-Bilder gilt: Anclicken, um ein grosses Bild zu bekommen)

Wenn Dimensionen greifbar werden
Oben auf dem «101 Tower» wurde mir auch klar, wie wenig ich bisher von Taipeh gesehen hatte, auch auf meiner ausgedehnten Erkundungstour am Montag. Das von mir voller Elan durchschrittene Gebiet machte einen beinahe schon frustrierend kleinen Teil der Metropole aus. Hätte ich doch nur ein Fahrrad dabei gehabt – die gibt’s ja mittlerweile sogar in Verpackungsgrössen, die jede Fluggesellschaft akzeptiert.

Auch bewaldete Hügel hat Taipeh zu bieten - noch, denn die Stadt frisst sich vor.

Ein Tipp zum Schluss: Es ist ratsam, den «101 Tower» am frühen Nachmittag zu besuchen – und damit meine ich eher gegen 13 Uhr als später. Denn als wir uns, nachdem wir uns gegen zwei Uhr satt gesehen und die Aussichtsplattform noch fast für uns gehabt hatten, zum Lift begaben, schwallte uns ein erster grosser Besucherstrom entgegen. Und unten im fünften Stock des Turms standen weitere Leute Schlange. Da kann ich nur sagen: Schwein gehabt – und eine tolle Aussicht dazu.

Noch ein kryptisches Verbotszeichen: Nein, es geht hier nicht um ein Furz-Verbot.
Vielmehr ist es verboten, sich auf der Aussichtsplattform des «101 Tower» auf die Fensterbrüstung zu setzen.

Sonntag, 7. Dezember 2008

Taiwan at Night – these cities never sleep

Inzwischen bin ich wieder in der Schweiz. Aber noch warten eine Menge Bilder darauf, bearbeitet, kommentiert und hier aufm Blog aufgeschaltet zu werden.

Den Auftakt machen Impressionen aus den Nächten in Taiwan. Als seriöse Journalisten haben wir selbstverständlich darauf geachtet, genügend Schlaf zu bekommen. Schliesslich sah das Programm zweimal eine Abfahrt vom Hotel kurz nach sieben Uhr vor – also hiess es, rechtzeitig aus den Federn zu kommen.

Nix Prater: Auch Taipeh hat ein nachts beleuchtetes Riesenrad zu bieten - eine volle Umdrehung dauert übrigens 17 Minuten. In Taipeh ist eben vieles etwas grösser.

Aber nach manch opulentem Abendmahl schien es zumindest der «jungen» Fraktion der Schreiberlinge (also Chris aus Manchester (BikeBiz), Brad aus Sidney (Australian Mountain Bike) und meine Wenigkeit) jeweils angebracht, noch einen Abendspaziergang einzulegen. Und sich bei dieser Gelegenheit gleich noch die Stadt genauer anzuschauen.

Immer schön den Lichtern nach: Wo's leuchtet, sind Ladenlokale nie weit.

Berufsbedingt durften dabei Kameras nie fehlen, wobei sich meine Cybershots im Vergleich zu den digitalen Spiegelreflex-Teilen der Kollegen etwas bescheiden ausnahm. Aber: Oft macht man mit so einer kleinen Kamera die besseren Bilder – weil sie immer dabei und somit griffbereit ist. Die so entstandenen Impressionen möchte ich den Besuchern meines Blogs nicht vorenthalten.

Prepare to dine excellently - zumindest, wenn man keine Scheu vor rohem Fisch hat.

Los geht’s mit Impressionen vom Dienstag Abend, als uns die Handelskammer Taiwan zum Abendessen ins Lokal «Shintori» in Taipeh einlud. Dieses japanische Speiserestaurant der obersten Kategorie verbindet klassische Zutaten mit Nouvelle Cuisine-Elementen. Am meisten überrascht aber das schnieke und konsequent durchgezogene Design-Konzept, das bereits am Eingang beginnt.

Zuerst brauchts Zielwasser, ehe das Mundwasser fliessen kann:
Der Türöffnungs-Mechanismus des «Shintori».

Denn die schwarze Metalltür weist weder Klingel noch Türklinke auf. Statt dessen muss man mit einem Schotterstein eine Aussparung oben auf einem Steinquader treffen, um eine darin eingebaute Lichtschranke auszulösen – Sesam öffne Dich. Drinnen dominieren dann die Farbe Schwarz, schlichte kubische Formen und indirektes Licht. Nur die Speisen und die Flaschen über der Bar werden direkt beleuchtet. Dadurch entsteht im Lokal ein Gefühl der Geborgenheit und Intimität. Jeder Tisch wird zu einer Insel, auf der kulinarische Genüsse im Zentrum stehen.

Ein Blick aufs Hotel «Splendor», wo wir eine Nacht verbringen durften.

Weiter ging es nach Taichung, der drittgrössten Stadt Taiwans, wo wir eine Nacht im «Splendor» verbrachten – einem überaus edlen 5-Sterne-Hotel, das in einem Hochhaus untergebracht ist. Lobby und Ess-Saal befinden sich im 12. Stock, mein Zimmer war aufm 20. Stockwerk. Für ein angemessenes Panorama war also gesorgt, wie der Schnappschuss vom kommenden Morgen zeigt.

Sleeping at the Top of the World - oder zumindest von Taichung. Blick aus dem Hotelzimmer.

Was in Taichung sofort auffiel, war die komplette Liberalisierung der Ladensöffnungszeiten: Nicht nur normale Läden oder die Luxus-Shoppingmall Sogo haben bis weit in den Abend geöffnet.

In Taichung's Sogo gibts alles, was teuer bis unbezahlbar und dazu edel ist.

Um halb Zwölf lassen sich Einheimische noch die Haare schneiden oder die Fussreflexzonen massieren. Und auch der Kauf von Immobilien scheint um diese Zeit noch möglich – zumindest war in den Agenturen noch Betrieb.

Die KTV-Filialen bringen einen Hauch von Las Vegas in Taichungs Strassen.

Zudem bieten zahllose kleine Läden, manchmal auch auf fahrbaren Untersätzen montiert, alle möglichen (und manch unmögliche) Speisen an. Worauf wir jeweils dankend verzichteten, weil wir ohnehin schon überfressen waren. Für einen Hauch von Las Vegas sorgten verschiedene KTV-Filialen. Hier entspannen sich die Einheimischen beim Trinken und Karaoke-Singen.

Oder doch eher einen Hauch von Holland? Oder vom Moulin Rouge? Hauptsache Neon!

Offensichtlich ist auch das horizontale Gewerbe in diesen Lokalen aktiv, denn wir wurden von zwei Vorstadt-Luden auf dem Gehsteig darauf angesprochen: «Hey guys, wanna drink? Drugs? Sex? Come to KTV!» Ein Angebot, das wir dankend (und lachend) ablehnten, zumal wir ob so viel Direktheit von Seiten der oft zurückhaltenden Asiaten doch etwas überrascht waren.

Ganz auf Neoklassik macht der Eingangsbereich des «Agora Garden».

Tags drauf waren wir abends wieder in Taipeh, wie zu Beginn der Woche im Hotel «Agora Garden». Nach dem Abendessen in einem der hauseigenen Restaurants (nach einer Woche asiatischen Essens entschieden wir uns für mediterran-französische Küche) machten sich Brad und ich nochmals auf in die Stadt, während Chris bereits die Waffen streckte: Er musste am nächsten Morgen schon um 4:30 Uhr mit dem Shuttle zum Flughafen.

Hinter Weihnachtspalmen ragt der höchste Bambus der Welt in den Himmel.

Trotz Bewölkung und Windböen präsentierte sich der 101-Tower im Dunkeln nochmals imposanter als bei Tageslicht – wie eine enorme Steinsäule ragt das Teil in den Himmel.

Nix Photoshop - aber ein Modell der Freiheitsstatue aufm Gehsteig.

Die Dimensionen sind so überwältigend, dass Brad nur noch wiederholt und in breitestem Ozzie-Akzent stammelte: «Man, that tower is just so wrong.» Und: Das Teil wird nur noch atemberaubender, je näher man ihm kommt. Wahrlich ein Irrsinns-Bauwerk auf einer Insel, die von regelmässigen Taifunen und Erdbeben geplagt ist.

Umso imposanter, je näher man ihm kommt: Taipeh's 101-Tower.

Unser Entschluss stand auf jeden Fall schon fest: Am kommenden Tag wollten wir der Aussichtsplattform auf über 400 Metern Höhe noch einen Besuch abstatten. Für diesen Tag mussten einige Bilder bei voll aufgedrehter ISO-Einstellung reichen. Statt dessen machten wir uns auf, um einen von Taipehs legendären Nachtmärkten zu finden, wo man so ziemlich alles kaufen kann, was es für Geld gibt.

The city never sleeps - neither do these friggin Scooter-drivers.

Also galt es, ganzen Horden von Scooterfahrern auszuweichen und aus dem für Nachtmärkte schlicht zu edlen und teuren Tradecenter-Geviert um den 101-Tower weg zu kommen. Und sieh an: Nur wenige hundert Meter nach dem Samsonite-Flagship-Store standen wir in einer schmalen Seitengasse, in der das Leben überzukochen schien.

Asien's Antwort auf Chips und Popcorn: Hühnerkrallen zum Knabbern.

Die Passanten drängten dicht an dicht aneinander vorbei, alle möglichen und auch einige sehr unmögliche Gerüche nahmen die Nase in Beschlag. Und inmitten des Gewusels wurden auch Spezialitäten angeboten, auf die wir dankend verzichteten. Chicken claws, anyone? Kurz nach Mitternacht setzte ein ganz leichter Sprühregen ein: Das reichte, um den Strassenmarkt innert zehn Minuten weit gehend zum Verschwinden zu bringen. Nur zwei langhaarige Gestalten, die an einem kleinen Stand allerlei Kiffer-Accessoires verkauften, machten keinerlei Anstalten, ihre Auslage wegzuräumen. Takin it easy, ey?