Sonntag, 21. August 2011

Sauhäfeli, Saudeckeli - SVP

Gestern meldeten verschiedene Medien, dass die selbsternannte einzig wahre Vertreterin echten Schweizertums auf einer Wahkampfkasse von 200 Millionen Fränkli hockt. Nun wird ruchbar, wie die SVP Parlamentarier anderer Parteien mit Geld abzuwerben sucht. Geld regiert die Welt. Zumindest, wenn genügend Leute korrupt sind und kein Rückgrat haben.

Das alles ist ja schon schlimm - oder um es im Vokabular der SVP zu sagen: unschweizerisch genug und gemahnt in widerlicher Weise an die Irrungen und Wirrungen im komplett von Geld dominierten (lies: korrumpierten) US-Zweiparteiensystems. Zumal man bei der SVP in bester Werbermanier davon auszugehen scheint, dass man mit genug Geld auch Scheisse (nämlich die eigenen, überaus widersprüchlichen politischen Konzepte und Idealvorstellungen) noch an die Froue und Manne bringen kann. Freilich auf Kosten einer Verschandelung bis Vergiftung des öffentlichen Raums mit ausgrenzenden, hetzerischen und offen xenophoben Plakaten, die einige Monate vor den Wahlen überall auftauchen. Fukushima? Die SVP antwortet mit "Überfremdung". Anders Breven Breivik? Die SVP antwortet mit "Überfremdung" - das ganze hat etwas von einer an Autismus grenzenden Fixierung.

Aber so richtig gruuuusig - eben Sauhäfeli, Saudeckeli, wie im Titel - wird es erst, wenn in den Kommentaren auf Tages-Anzeiger Online einer wie Rudolf Thoma meint, Drohungen gegen SVP-Gegner äussern zu müssen (im Kommentar vom Sonntag, 21. August um 16:26 Uhr). Oder wie sonst ist Thomas Bemerkung zu verstehen, dass man sich mit negativen (also im Sinne einer demokratischen Gesinnung noch nicht komplett pervertierten) Äusserungen gegenüber der SVP zurück halten solle, weil diese Partei bald über 50 Prozent Stimmenanteil haben werde? Für mich klingt das nach einem "warte nur Bürschchen, Dir stopfen wir das Maul, so bald wir allein die Macht im Lande haben". Wer da an den Terror der Schwarzhemden und der SA gegen Andersdenkende denkt, polemisiert nicht, sondern hat ein waches historisches Bewusstsein. Ich hoffe übrigens nicht, dass es sich beim Kommentarschreiber um jenen Rudolf Thoma handelt, der bei der Pensionskasse des Kantons Zürich als Finanzfachmann angestellt ist und damit vom Staat seinen Lohn erhält.

Ganz abgesehen davon ist es zutiefst unschweizerisch, in einem regional, sprachlich, konfessionell und auch parteipolitisch derart fragmentierten Staat wie der Schweiz mit einer dekadent vollen "Kriegskasse" aufzutreten und zu proklamieren, dass man 50% + x Stimmenanteil anstrebe, um endlich SVP-Lösungen ohne Kompromisse und Diskussionen mit den anderen (ohnehin unschweizerischen, denn Schweizer wählen bekanntlich SVP) Parteien durchdrücken zu können. Dieser Anspruch ist eine Absage an den Kompromiss, und der ist nichts anderes als das Fundament der Schweiz, auch wenn die SVP das nicht einsehen will.

Man kann der Schweiz nur wünschen, dass die saumässig verpeilten Patrioten (SVP) ihr in einem Positionspapier von Ulrich Schlüer formuliertes Ziel nie erreichen werden. Denn das wäre in der Tat das Ende der Willensnation Schweiz. Und der Beginn einer braunen Diktatur, dekoriert mit vielen, nein sehr vielen Schweizerfähnchen und Trachten.

Freitag, 19. August 2011

Buddel-News: Update Reitplatz

Zwischen Fussballfeldern, Beachvolleyball-Anlage und der Terrasse des Restaurants "Zum Reiplatz" wird weiter geschippt, was die Werkzeuge hergeben. Der Bikepark nimmt Gestalt an - oder zunächst einmal die äussere Umrandung.

Von der ersten Gerade mit vier Tables aus wird man in diese, an eine Bobbahn erinnernde Rechtskurve geschickt - dank der Überhöhung kann man satt Tempo mitnehmen, muss aber am Ausgang der Kurve eine Welle wegschlucken, um genügend Schwung für den nächsten Table zu halten. Idealerweise sollte man im Tiefflug dort vorbei zischen, wo der Herr mit dem roten T-Shirt steht.

Die Landung von diesem Sprung sollte man nicht in den Sand setzen, denn es folgt ein weiteres Highlight: Mit einer Kragenhöhe von 1.60 Metern und einem Radius von deutlich über drei Metern ist die folgende 180-Grad-Kurve ein beeindruckendes Teil. Und nur dafür gemacht, ohne Tempoverlust ums Eck zu schiessen.

Von oben her photographiert macht diese Kurve nicht halb so viel Eindruck, wie wenn man unten im Scheitelpunkt steht. Wer mit genug Tempo durch diese Kurve flitzt, sollte von aussen her nicht zu sehen sein, sondern ganz in der Steilwandkurve verschwinden. Nice! Das Tempo, das man durch diese Kurve mitnimmt, kann man dann gut gebrauchen, um nochmals einen kleinen Double und einen kleinen Table zu überspringen, die auf der folgenden, kurzen Gerade warten.

Diese Gerade endet in einer weiteren 180-Grad-Kurve, diesmal etwas kleiner und nach links. Von da an kann man es ausrollen lassen - und hat einige Sprünge innert kürzester Zeit hinter sich. Aber wie gesagt: Eigentlich dienen diese Sprünge nur dazu, die äussere Begrenzung des Pumptracks zu markieren.

Gestern Abend waren schon wieder neue Bauwerke zu entdecken: Neben der bereits erstellten, grossen Table-Line wurde noch eine kleinere Variante erstellt, quasi zum Aufwärmen oder um sich an die grösseren Sprünge heran zu tasten. In der Bildmitte (leider etwas finster geraten, war schon 20 Uhr abends und das Licht wurde diffus) ist ein mit Planen abgedeckter, kleinerer Sprung neben der Linie mit vier Tables zu sehen.

Spassig haben die Jungs von der Pumptracks GmbH auch die Zufahrt zu diesem kleineren Table gestaltet: Direkt vom Starthügel aus wird man in mehrere, aneinander gehängte Steilwandkurven geschickt. Wer es so richtig gut im Griff hat, macht hier von der einen zur anderen Kurve einen leichten Hüpfer - und legt das Bike in der Luft von der einen auf die andere Seite um.

Mehr Bilder zu den Bauarbeiten am Pumptrack auf dem Reitplatz Töss folgen auf diesem Blog.

Freitag, 12. August 2011

London calling - the Chinese way

Im Südwesten Chinas proben zur Zeit die Bewohner einer Stadt den Aufstand gegen die ungebliebten Sicherheitskräfte. Es gärt im Reich der Mitte...

Der Auslöser der Unruhen im Südwesten Chinas war laut Tages Anzeiger Online der offensichtlich brutale Versuch der städtischen Sicherheitskräfte ("Chengguan" genannt) , das Fahrrad einer Falschparkerin zu beschlagnahmen. Dabei wurde die Falschparkerin verletzt - und offensichtlich der Volkszorn geweckt. Denn wer in China noch Fahrrad fährt, dürfte kaum zu den Profiteuren des Wirtschaftswachstums gehören. Eines Wachstums, das zu einer Rekordzahl von Millionären geführt hat. Und dessen Früchte extrem ungleich verteilt sind - was sozialen Sprengstoff birgt. Die Unruhen dürften aber mindestens im gleichen Masse den Chengguan gelten, die immer wieder durch ihre Brutalität von sich reden machen.

Dass es im Südwesten Chinas brodelt, ist nicht so überraschend. Als ich vor zwei Monaten in Taiwan weilte, bekam ich von verschiedenen Gesprächspartnern zu hören, dass besonders im rasch entwickelten Küstenstreifen Sand im Getriebe sei: Es mangle an Arbeitskräften, zumal an solchen mit einer gewissen Qualifikation, und Kontinuität bei den Angestellten sei Wunschdenken, was die Qualitätskontrolle erschwere. Zudem komme es auch bei der Verkehrsinfrastruktur sowie bei der für Industrien wichtigen Versorgung mit Strom und Wasser immer wieder zu ernst zu nehmenden Engpässen.

Donnerstag, 11. August 2011

Buddel-News: Es geht was am Reitplatz!

In der Erholungs- und Sportzone von Winterthur sind Bagger und Baugeräte aufgefahren: Mit einiger Verspätung wird der Pumptrack am Reitplatz gebaut, und schon nach wenigen Tagen gibt's was zu photographieren.

Pumptracks, das sind kurze Rundstrecken im Flachen, bestehend aus lauter aneinander gereihten Hubbeln und Senken. Das hat die Form einer Sinuskurve - und wenn man es richtig macht, kann man auf diesen Strecken beschleunigen, ohne in die Pedale zu treten. Für Faule ist das dennoch nichts, denn Pumptrack fahren ist ein Ganzkörpersport der intensiven Art.

In der ersten Woche erstellt die Pumptracks GmbH zunächst einmal eine Reihe grosser Table-Jumps, welche sich dem Rand der Anlage entlang ziehen und einen Abschluss hin zu den Fussball-Plätzen am Reitweg bilden. Bis zum Ende der Woche soll diese Sprung-Linie schon fahrbar sein, zumindest wenn das Wetter keinen Strich durch die Rechnung macht.

Aber danach sieht es im Moment so gar nicht aus, erste Gewitterschauer werden erst für den Sonntag Nachmittag erwartet. Wer also in der Region Winterthur wohnt, ein Biker ist und gerne mit dem Radl rumhüpft, ist somit aufgerufen, sich die Sache am kommenden Wochenende mal anzuschauen. Die Anlage grenzt direkt an die Terrasse des Restaurants Zum Reitplatz und ist nicht zu übersehen.

Dem Trend eine lange Nase ziehen...

In drei Wochen ist Eurobike - die grösste Fahrrad-Messe der Welt in Friedrichshafen. Und ich hätte grosse Lust, mir extra für die Messe ein T-Shirt drucken zu lassen und damit dem grossen Trend eine lange Nase zu ziehen.

Gestatten? Ein Twentyniner-Hardtail, in diesem Fall vom vorarlberger Hersteller Simplon.

In den Vereinigten Staaten sind Mountainbikes mit übergrossen Rädern als Twentyniner schon eine Weile ein grosses Thema. In Europa konnte das Konzept zunächst noch nicht Fuss fassen, aber schon vor einem Jahr waren Twentyniner an der Eurobike allgegenwärtig. Inzwischen werden auf den Dingern auch Worldcup-Rennen gewonnen, womit die Nachfrage nochmals markant anziehen dürfte.


Selbst bin ich kein grosser Fan dieser Twentyniner: Für mich macht das Konzept vor allem an Fahrrädern ohne Hinterrad-Federung (sogenannte Hardtails) Sinn. Und für Fahrer der Kategorie 1.90 Meter und mehr: Bei den grossen Rahmen, die solche Bohnenstangen benötigen, sehen die grösseren Räder wieder besser proportioniert aus.


Vor allem aber fahren sich diese Twentyniner tendenziell laufruhiger und gutmütiger. Das mag Einsteigern und technisch wenig versierten Fahrern entgegen kommen. Selbst will ich aber genau das nicht: Meine Vorstellung von Biken ist die einer hochintensiven sportlichen Anstrengung, bei der man dem Bike als Pilot die Sporen gibt und sich Agilität bis hin zur Nervosität wünscht. Um meine Skepsis gegenüber dem Trendthema Twentyniner zum Ausdruck zu bringen, wäre meine T-Shirt-Idee ideal.

Sonntag, 7. August 2011

United emotions of cycling

Seit einem Tag bin ich zurück vom Presscamp zur elektronisch geschalteten Ultegra-Gruppe, das Shimano in Aigle organisiert hat. Und in der Bilddatenbank hab ich einige gelungene Bilder von mir aufm Rennrad gefunden.

Mit Kai Dudenhöfer hatte Shimano beim Presscamp einen renommierten Profi-Photographen am Start - und der liess sich jeweils in einem Van chauffrieren, dessen Heckklappe geöffnet war. So konnte er dynamische Fahrbilder schiessen - und für uns Testfahrer kam so etwas wie Profi-Feeling auf. Eine Auswahl der besten Bilder bekamen wir am Ende des Presscamps in die Hände gedrückt - und bei der Durchsicht zeigten sich die "united emotions of cycling".

Zu Beginn der langen Ausfahrt vom Samstag machte ich noch Faxen - wie die "Dirty Sanchez"-Geste zu Ehren der Bike-Ikone Cedric Gracia. Da waren die Batterien auch noch voll und ich bester Dinge. Später im Anstieg, nach 1000 Höhenmetern mit für meinen Geschmack etwas zu schweren Gängen (Rennrad halt), sah das dann doch schon weniger aus dem Ei gepellt aus - auch wenn ich noch weit vom Gruppetto unterwegs war.

Da galt es eher, die Pedale irgendwie am Drehen zu halten - und damit auch die Räder. Also den Blick starr auf die nächsten Meter vor einem und das Hinterrad des Vordermannes richten. Und sich an selbigem verbeissen, auch wenn es in den Beinen brennt und Spass was anderes ist. Gehört alles mit dazu und wird in der Regel ja auch mit einer schönen Abfahrt belohnt (auf der einem dann mit Garantie jede Menge Autos im Weg rumgurken...).

Samstag, 6. August 2011

Evolution of the Hipster

Kaum eine Subkultur bekommt so verlässlich ihr Fett weg wie die Hipsters - jene bis zur Schmerzgrenze konformen, sich selbst als cool deklarierenden Nonkonformisten, die sich vor allem in urbanen Milieus breit machen.

Grundsätzlich ist das Hipster-Phänomen schwierig zu fassen, schliesslich ist Nonkonformismus offiziell eins der wichtigsten Prinzipien dieser meist urbanen Subkultur. Einige Anhaltspunkte im Sinne einer Abhak-Liste gibt es dennoch, weil der Zwang zum Nonkonformismus längst zu einem eigenartigen Stildiktat geführt hat, das für sich schon wieder an Konformismus grenzt (kennt man ja von den Punks, dieses Pänomen).


Das Hipster-Bingo gibt schon einmal eine Ahnung bezüglich einiger Hipster-Bausteine, als da wären: Eine obskure Vorliebe für enge, schlecht sitzende Röhrlijeans und offensichtlich hässliche Secondhand-Klamotten, für unförmige, möglichst grosse Sonnenbrillen (natürlich nicht von Designer-Labeln, sondern möglichst billig erstanden, da man sich ja dem Konsum verweigert, was einen aber nicht daran hindert, die eigene Coolness per iPhone zu dokumentieren und via Facebook oder Twitter weiter zu verbreiten), dämliche Opa-Hüte (im Hochsommer auch gerne eine dicke Wollmütze) oder möglichst prollige Trucker-Caps sowie für Converse Allstar-Schuhe in grellen Farben scheinen zum Hipster dazu zu gehören.


Auf der Hipster-Checkliste nicht fehlen dürfen auch eine Vorliebe für ein günstiges, dennoch nicht zu verbreitetes Bier (in den USA ist Papst Blue Ribbon angesagt, in Europa ist die Auswahl grösser, weil die Biermärkte national aufgesplittet sind - die Erzeugnisse von Grossbrauereien kommen aber schon mal nicht in Frage) und Fahrräder, die technisch im vorletzten, also im 19. Jahrhundert stehen geblieben sind - im Klartext Fixies, also Starrläufer ohne Bremsanlage oder Schaltung. Dies hat MC Spandex schon vor einiger Zeit zum Clip "Performance" motiviert, der längst zu einem Klassiker im Web geworden ist.



Nun ist ein Video aufgetaucht, das die Evoultion des Hipsters vom Höhlenmenschen über griechische Philosophen, Beatniks, Hippies und Yuppies überzeugend nachzeichnet. Angesichts der offensichtlichen Widersprüchlichkeit wird auch schnell klar, woher die blasierte Ironie kommt, die bei Hipsters zum Dauerzustand wird: Anders ist das eigene Verhalten zwischen Nonkonformismus, selbstdeklarierter Coolheit, Hedonismus und Vernarrtheit in Gimmicks wie iPhones wohl nicht auszuhalten.



Nicht unterschlagen werden soll hier auch ein wahrlich visionäres Werk, das bereits seit 4 Jahren auf YouTube zu sehen ist - was schon 2.8 Millionen Internet-Nutzer gemacht haben. Zurecht, denn dieser fiktive Wettkampf bringt viele Elemente des Hipster-Lifestyles exzellent auf den Punkt. Was schon wieder ironisch ist, weil Hipster Sport im allgemeinen als Ausdruck der konformen Leistungsgesellschaft verachten und als Nonkonformisten in Zeiten der Unterdrückung von Rauchern selbstverständlich zu Glimmstengeln greifen.