Samstag, 31. Juli 2010

Les2Alpes: Ein Bilder-Streifzug

Nach dem Worldcup-Rennen von Champéry blieb mir grad mal ein voller Tag zum Durchatmen – dann stand der nächste Termin «on the road» an: Das Presscamp von GT in les2Alpes.

Ganz ohne Spuren zu hinterlassen gings nicht: Sticker des Frontlinemags
in einer Kabine der reichlich antiquierten Diable-Gondelbahn.

Zum Glück konnte ich zusammen mit RIDE-Redakteur Pascal Hänggi in Schlieren ins Auto des Schweizer Verkaufsleiters von GT zusteigen – und so die 6 Stunden Anfahrt als Passagier hinter mich bringen. Da blieb ausreichend Zeit, um am Laptop an Texten zu arbeiten oder die Zeitung zu lesen.

Hoch, höher, les2Alpes: Die Lifte reichen von 1650müM bis fast 3600müM - wow!

Zu Beginn der Fahrt regnete es noch leicht, spätestens im Rhone-Tal wars dann aber wieder sonnig – und heiss. Als wir jedoch in les2Alpes ausstiegen, fröstelten wir leicht. Kein Wunder, dieser Skiort liegt auf 1650müM – und weil das Gletscherskigebiet bis auf 3600müM hinauf reicht, begegnet man auch im Hochsommer Leuten in voller Wintersport-Kluft.

Ein etwas gewöhnungsbedürftiger Anblick, aber das gilt auch für seltsame Fahrzeuge, mit denen die Einheimischcn wohl nicht nur die befestigten Strassen der Region unsicher machen. Schliesslich führen breite Schotterstrassen weit hinauf in die Berge, ursprünglich zur Versorgung von dort oben in den Fels gehauenen Festungen gedacht.

Mad Max à la Française: Ein kurioser Buggy Marke Eigenbau.

So schön die Aussicht vom Hotelbalkon auf die gletscherbedeckte Flanke der Muzelle (3465m) war, so übel waren einige Hotelbunker im Dorf. Mal wieder ein Fall für eine Radikalsanierung mit C4. Es gibt übrigens kaum eine Sportart, die man in les2Alpes nicht ausüben könnte – mal abgesehen vom Bereich Wassersport, dazu fehlt ein See.

Am späten Abend des ersten Tages setzte leichter Regen ein. Doch schon am nächsten Morgen waren kaum noch Wolken am Himmel auszumachen. Und für die kommenden beiden Tage gabs Sonne und Hitze satt. Weil auch die permanenten Strecken des Bikeparks schnell abtrockneten, gabs dazu noch eine grosszügige Portion Staub, so dass man beim Biken regelrecht paniert wurde – auch ohne zu stürzen.

Gut paniert und mit einer lustigen Helmfrisur: Selbstportrait nach einem Tag in Hitze und Staub.

Der lokale Schnaps nennt sich übrigens Genepi, und die Einheimischen stellen damit alles mögliche (und das eine oder andere eher unmögliche) an: So gibt’s von der Brasserie du Mont Blanc ein Bier mit Genepi-Beimischung (und entsprechendem Alkoholgehalt), und auch zu Eiscreme lässt sich der Schnaps verarbeiten.

Ein anderer lokaler Schnaps brannte dafür umso besser und musste daher für ein Ritual namens «Flämmeln» herhalten. Dabei wird der Zuckersatz eines Espressos mit Schnaps aufgegossen, die Mischung angezündet und in der Folge der Zucker caramelisiert. Wenn kein Zucker mehr in der Tasse ist, wird der Schnaps wieder ins Glas umgegossen und getrunken. Wohl bekomms.

Am letzten Abend durfte dann auch das Fondue nicht fehlen – es wurde aber eher zu kühl serviert und wollte trotz vollen Heizeinsatzes nie die gewünschte Konsistenz annehmen. Weil Fondue für mich eine reine Winterspeise ist, hatte ich mich stattdessen für eine Tartiflette entschieden – eine massiv mastige Mischung von Kartoffeln, Speck und Käse, im Ofen gebacken. Wie sich zeigte, war dies die richtige Wahl.

Sonntag, 25. Juli 2010

9 Stunden Zugfahrt, 9 Stunden Aufenthalt

Manchmal fragt man sich, ob alles Sinn macht, was man tut. So erging es mir gestern: Weil der Downhill-Worldcup nach 3 Jahren Pause wieder auf die legendär steile Strecke in Champéry zurückkehrte, machte ich mich auf ins Wallis.

Das hiess zunächst einmal: Am Freitag Abend nicht zu lange draussen bleiben, um zu einer anständigen Zeit ins Bett zu kommen. Nun, es wurde trotzdem halb zwei Uhr nachts, bis ich schlief – und der Wecker klingelte bereits um 5.15 Uhr. Also eine kurze Nacht, und darum liess ich nach dem Aufstehen auch den Kaffee sein – und packte statt dessen das aufblasbare Kissen für Langstreckenflüge ein. Denn von Winterthur bis Lausanne konnte ich mir ein Umsteigen ersparen – und wollte daher noch etwas Schlaf nachholen.

Nix für Sneakers oder Flipflops: Schlamm und das steile Gelände schrieen nach Bergschuhen.

Bis Bern klappte das vorzüglich, doch dann wurde der Zug von Soldaten gestürmt, die nach Fribourg respektive Lausanne wollten – an Schlafen war von dem Augenblick an nicht mehr zu denken. Was mich wieder einmal zur Erkenntnis brachte, dass der Transport von Wehrleuten nicht mit dem öffentlichen Verkehr, sondern mit Extrazügen erfolgen sollte, Das handhabt man seitens der SBB bei anderen mühsamen Horden wie Fussball-Fans auch nicht anders.

Via Lausanne und Aigle und schliesslich mit der Zahnradbahn hoch nach Troistorrents und weiter erreichte ich um halb elf Uhr morgens Champéry – wo ich mich gleich mal auf die Suche nach einem Bankomaten und einem Supermarkt machte. Schliesslich sind assortierte Snacks an langen Tagen an der Rennstrecke immer willkommen. Die Digitalanzeige bei der Apotheke erinnerte mich auch gleich daran, warum ich lange Hosen angezogen hatte: 9 Grad, es ist eine Weile her, dass ich eine solche Frische erleben durfte.

Weiter gings per Shuttle-Bus ins Zielgelände, wo ich mich zuerst einmal akkreditieren musste – und im Pressezentrum den Kaffee «nachleeren» konnte, den ich mir frühmorgens noch nicht gegönnt hatte. Und in besagtem Zielgelände gab es allerhand zu entdecken: So tauchte Dionys Frei mit einem Kumpel und einem ferngesteuerten Helikopter auf, an dem eine digitale Spiegelrefelx-Kamera befestigt war: Die Drohne des erfindungsreichen Fans, sozusagen.

Sehenswert war auch, wie die Bikes nach den Trainingsfahrten aussahen: Als der Regen aufgehört hatte, begann der Schlamm abzutrocknen. So entstand eine klebrige Pampe, die ratzfatz alles zusetzte – und nicht nur das Bike bleischwer werden liess, sondern in weniger steilen Pasaagen auch kaum noch ein Vorankommen zuliess. Bei Scott 11 wurde nachgewogen: Bis zu 7 Kilogramm Schlamm klebte an den Voltage-Bikes der Damen, bei Fabien Pédémanaud’s Gambler waren es wohl über zehn Kilo, denn die Waage schlug auf Tilt.

Bepackt: Zwischen 7 und deutlich über 10 Kilo Schlamm hing
nach einer Trainingsfahrt am Samstag Morgen an den Bikes.

Bis das Rennen der Damen um Viertal nach Eins nachmittags begann, hatte ich mich zusammen mit Suti an der Strecke postiert – an einem kleinen Zickzack-Weg in steilstem Gelände, wo man die Fahrerinnen ein ganze Weile beobachten und so einschätzen konnte. Die Unterschiede waren erheblich: Während die einen sich selbst ausbremsten und darauf im Schlamm stecken blieben, heizten die schnellsten Damen wie auf Schienen durch die Pampe – und nahmen dabei keinen Fuss aus der Pedale.

Photograph suti kraxelt im Steilhang durch den Gatsch, um einen externen Blitz zu positionieren.

Fürs Rennen der Herren begab ich mich in den Zielhang, wo ich prompt auf unzählige bekannte Gesichter traf: Ob aus Bern, Basel, Biel, Graubünden, der Innerschweiz, dem Freiburgischen oder dem Oberwallis, die gesamte Bike-Community der Schweiz hatte sich in Champéry eingefunden, um die Rückkehr des Spektakels entsprechend zu würdigen. Für die Fahrer war es ein spezielles Erlebnis: Nach dreieinhalb Minuten des Kampfs mit der Schwerkraft und um die Balance rasten sie aus dem dunklen Wald in den hellen Zielhang – und gleich über eine Kombination mehrerer wirklich grosser Sprünge.

Begleitet wurden sie von einem ohrenbetäubenden Lärm: Fans aus allen möglichen Ländern (um uns herum standen Briten, Aussies und Neuseeländer, dazu Italiener und Franzosen) gaben alles, mit Rätschen, Vuvuzelas, Druckluft-Hupen oder ihren Stimmbändern. Selbst hämmerte ich mit einem Stein auf den voluminösen Träger der Sesselbahn ein, was einen Heidenlärm machte. Eine Bekannte machte dasselbe mit einem Pedalschlüssel, den ich in einem der Fächer meines Rucksacks gefunden hatte. Kurzum: Die Stimmung war ausgelassen, und die Fahrer liessen sich anstecken.

Ein Blick den Zielhang hinunter - für ein Downhill-Rennen eine schöne Kulisse.

Wegen des Schlamms waren der Absprung wie die Landung jedoch heikel, um es vornehm auszudrücken: Der Regen hatte das Geläuf aufgeweicht, und die vielen Fahrer hinterliessen tiefe Rinnen, wie auf einer Motocross-Piste. Das hinderte einige Starter nicht daran, dem Publikum genau das zu bieten, wonach es verlangte: Eine Extraportion Show. Allen voran Cedric Gracia: Der Franzose gilt eh als das verrückte Huhn der Szene, und er wurde seinem Ruf gerecht: Über die beiden grössten Sprünge im Zielhang zog er zwei blitzsaubere Tabletop One-Footers – und das bei Renntempo. Auch Danny Hart und Brendan Fairclough zeigten eine beeindruckende Flugshow im Zielhang.

Wo man sich trifft - oder zumindest die Schrauber der Teams: Die Kärcher-Abspritzstation.

Kurz nach vier Uhr nachmittags war das Rennen gelaufen. Nur einer der 83 Finalisten musste mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen werden. Zum Glück wurde dort beim Belgier Nico Vink «nur» eine Stauchung der Wirbelsäule festgestellt – er war bei der Landung nach einem Sprung über den Lenker und gegen eine Matte abgeflogen, kopfvoran. Und zwar leider schon im oberen Teil der Strecke, denn auch Vink hatte sich für die grossen Sprünge im Zielhang ein paar Tricks zurecht gelegt, kam aber leider nicht dazu, sie zu zeigen. An dieser Stelle nochmals gute Besserung an Nico Vink.

Selbst ist der Weltmeister: Statt sich lautstark über eine zickende Wasserpumpe aufzuregen, zeigte Steve Peat keinerlei Starallüren - und packte selbst an, um das Problem zu beheben.

Nachdem ich von einigen Beteiligten noch Stimmen zum Rennen eingeholt, mich von einer Menge Leute verabschiedet und im Pressezentrum noch ein Bierchen für den langen Heimweg eingepackt hatte, stieg ich in den Shuttlebus in Richtung Dorfzentrum. Und traf im Bus auf Hoshi Yoshida, einen der besten Sportphotographen im deutschsprachigen Raum, mit dem ich öfters zusammen arbeite. Immer wieder lustig, wie klein die Welt im Bikesport ist.

Ab in den Bach: Nick Beer, im Rennen als 15. schnellster Schweizer, wusch
seinen Helm nach jeder Trainingsfahrt im Bach neben dem Zielgelände.

Noch blieb mir eine Stunde bis zur Abreise, also gönnte ich mir noch ein Schinkensandwich und ein grosses Bier, plauderte noch kurz mit einer Horde Bike-Angefressener, die aus der gleichen Ecke wie ich stammen, und stieg dann um halb Acht Uhr wieder in die Zahnradbahn. Ab Lausanne konnte ich dann auch wieder lange genug sitzen bleiben, um am Laptop an Texten zu feilen und die Schnappschüsse des Tages aufzubereiten.

Abendstimmung mit Laptop und Nippon: Aufm Rückweg im Freiburgerland.

Kurz nach Mitternacht kam ich wieder in Winterthur an, und weil ich vom ganzen Tag noch zu aufgewühlt war, machte ich noch einen Abstecher in meine Stammkneipe, die ab heute für zwei Wochen Sommerpause macht. Und tatsächlich bekam ich noch ein Bier ausgeschenkt, super. Als einige um halb Zwei Uhr dann noch eine Kneipe weiter wollten, winkte ich aber dankend ab – schliesslich war ich schon seit über 20 Stunden auf den Beinen. Zeit, um mich hinzulegen, der Schlaf war verdient.

Freitag, 16. Juli 2010

Warten in der Hitze - ab ins Grüne

Weil heut Nachmittag eine Lieferung von DHL angesagt war, musste ich mich gedulden. Inzwischen ist das Päckchen geliefert - also kann ich mich in wenigen Minuten ins Grüne absetzen.

Wenn die Temperaturen über 30 Grad steigen, wird das Ufer der Töss zum angenehmsten Aufenthaltsort in der näheren Umgebung Winterthurs: Das kühle Wasser und der Schatten der Bäume machen auch drückende Hitze erträglich. Weil ich aber heut Nachmittag eine Lieferung per DHL erwartete (ein Steuerlager, eine Sattelstütze mit passendem Sattel und eine hochwetige Pumpe), musste ich lange zu Hause ausharren.

Inzwischen steht das Päckchen in der Wohnung, also kann ich mich bald auf den Weg ins Grüne machen, Getränke und Kühlelemente im Rucksack, damit die Sachen auch einigermassen kühl bleiben, dazu Badehose und Frottiertuch. Und am Lenker des Bikes die Vision 2-Lichtanlage von HOPE, damit auch nach Sonnenuntergang noch über Stock und Stein retour holpern kann.

Wie is er niet groot mee geworden?

Während Jahren haben mir meine Eltern, später auch mein Bruder Erdnussbutter mitgebracht, wenn sie mal wieder in den Niederlanden gewesen waren. Umso grösser war meine Freude, als ich gestern die einzig wahre Erdnuss-Butter im Regal des SPAR-Marktes ums Eck entdeckte.



In den Niederlanden ist Erdnussbutter schon fast ein Grundnahrungsmittel - und darf bei keiner Brotzeit fehlen. Entsprechend wird der Brotaufstrich seit Jahren als "reich an Vitaminen und Spurenelementen" beworben, und zwar von Göttern des holländischen Sport-Olymps wie Evert van Benthem , zweimaliger Gewinner der "Elfsteden-Tocht" in den 80er Jahren (oben). Oder wie Joop Zoetemelk (unten), der wohl grössten Radsport-Legende der Niederlande, der mit 39 Jahren noch Zweiter bei der Tour de France wurde, mit Halbglatze, versteht sich.



Auch ich bin in den Schulferien mit dem Zeug, das für Unkundige eher aussieht wie der Stuhl einer Katze mit schweren Verdauungsproblemen, aufgewachsen. Als ich noch ganz klein war, nannte ich das Zeugs "pippankaach", was für mich wohl wie "pindakaas" klang. Und schmierte es mit Wonne daumendick auf dieses seltsame Füllmaterial aus Pflanzenfasern, das die Holländer dreist als Brot verkaufen. Das aber eher eine Mischung aus Schwamm und Styropor ist.

Nun, Calvé als Marktführer in Sachen Erdnussbutter in den Niederlanden markiert schon eine Weile Präsenz im schweizerischen Lebensmittelhandel: Genauer, seit das Unternehmen den Essigproduzenten Kressi übernommen hat. Schon damals tauchte der Calvé-Schriftzug auf den Essigflaschen auf und liess mich hoffen, dass bald auch die Erdnussbutter in den Regalen auftauchen könnte. Und tatsächlich, gestern war es so weit. Die Niederlande sind ein ganzes Stück näher gerückt, mein Dank geht ans SPAR-Management.

Sonntag, 11. Juli 2010

Nachtrag: Roadtrip

Anfangs Juli standen wieder einmal einige Termine bei Fahrrad-Produzenten an. Thema: Die News des kommenden Modelljahrgangs 2011. Ein kurzer Rückblick.

Als freischaffender Fahrrad-Journalist werde ich zwar nicht zu den grossen Mediencamps in Übersee eingeladen. Aber angesichts des damit verbundenen Reisestresses kann ich darauf gerne verzichten. Es gibt schliesslich auch noch Hersteller in der näheren Region, wie Stöckli, Simplon oder BMC. Und auch die haben für die kommende Saison interessante Pfeile im Köcher.

Den Anfang machte Stöckli: Im Ski-Segment schon eine feste Grösse, wollen die Wolhusener nun auch im Bike-Business den Aufstieg in die nächsthöhere Liga schaffen. Konkret heisst dies: Mehr Eigenentwicklungen, um der Marke ein eigenes Gesicht, ein eigenes Image zu geben. Und wo hätte Stöckli das neue Vollgefederte passender vorstellen können als eben im Eigental, hoch über Kriens und im Schatten des Pilatus? Also stieg ich morgens um halb Acht in den Schnellzug nach Luzern.

So trudelten an einem Mittwoch Morgen in Obernau verschiedene Journalisten, aber auch der für die Optik des neuen Stöckli-Flitzers zuständige Industriedesigner Vincenz Droux ein, um per Bus ins Eigental gefahren zu werden. Dort wartete schon eine Testbike-Flotte auf uns, dazu Gebäck und Kaffee. Nach den Erläuterungen zum neuen «Morion», einem betont sportlichen Fully mit 130mm Federweg und Carbon-Hauptrahmen, sowie zu den Zielen von Stöckli im Bikemarkt ging es auf die Testrunde.

Die Bestand aus einem zwar kurzen, aber fies steilen Anstieg hoch zum Aussichtspunkt Chräigütsch, gefolgt von wurzligen Pfaden im Wald – ein passendes Gelände, um dem neuen Wurf auf den Zahn zu fühlen. Leider fuhr ich bereits in der ersten Runde eine Treppe etwas gar forsch an, was mir eine noch zehn Tage danach schmerzhafte Rippenprellung einbrachte. Die Stimmung an diesem heissen Tag im Eigental konnte dies aber nicht trüben, zumal wir am Schluss noch auf den Testrädern vom Eigental hinunter nach Obernau flitzen durften – eine spassige Abfahrt von rund 20 Minuten.

Tags darauf fuhr ich mit der Bahn nach Gossau, wo ich zum RIDE-Redaktor Pascal Hänggi ins Auto stieg, um nach Schruns-Tschagguns zu fahren, zuoberst im Montafon. Dort wartete die nächstjährige Produktepalette des Vorarlberger Fahrrad-Produzenten Simplon darauf, den Medien präsentiert zu werden. Nicht irgendwo, sondern in einem der besten Häuser vor Ort, dem Montafonerhof. Wellness-Hotels mit 4 Sternen sind in Österreich immer eine Reise wert, vom Komfort in den Zimmern über die Hotelküche bis zur Wellness-Zone stimmt einfach alles.

Mit Batterie und Tacho/Steuerungseinheit aus Deutschland sowie einem bürstenlosen 350-Watt-Motor mit integrierter Sensorik aus der Schweiz: Simpon's eLion-Kit.

Und auch verwinkelte, verblockte und mit Wurzeln gespickte Wege finden sich im Montafon genügend – wer mag, kann sogar per Gondel bergan fahren und es in der Abfahrt laufen lassen. Wegen der Rippenprellung, die meine Beweglichkeit aufm Rad leicht einschränkte, verzichtete ich auf dieses Abenteuer. Statt dessen gabs am Donnerstag eine Testrunde mit unwegsamen Singletrails, die sich dem Hang entlang wanden, und am Freitag Morgen eine kurze Ausfahrt auf einem Traum von einem Rennrad: Leicht, steif und dennoch komfortabel.

Eine schöne Tradition ist bei Simplon-Mediencamps der Abend am Berg: Hoch überm Talboden warten jeweils in einer Alphütte lokale Spezialitäten auf die Journalistenschar, und der Weg zur Hütte und zurück sowie der Aufenthalt in selbiger sind eine willkommene Gelegenheit zum Socializing und Räubergeschichten austauschen. Leider stieg meine Sony Cybershot just beim Abendessen in der Hütte aus: Von einem Moment auf den nächsten stellte das Teil gar nichts mehr scharf. Autofocus-Ausfall = Elektronik-Schrott, leider. So bleiben nur einige Bilder vom Apéro vor dem Abendessen.

Ich bin auch ein Kühlschrank: Brunnentrog hoch über dem Montafon.

Aufm Rückweg ausm Montafon hatte ich es dann eilig: Schliesslich spielte Holland am Freitag Nachmittag ab 16 Uhr das WM-Viertelfinale gegen Brasilien. Zwar kam ich erst um 16:30 Uhr in Winterthur an, aber zumindest verpasste ich so die Anfangsphase, während der die Brasilianer deutlich überlegen gewesen waren. Dafür konnte ich dann live verfolgen, wie die Oranjes wie ausgewechselt aus der Kabine kamen und das Spiel in der zweiten Halbzeit drehten.

Als Abschluss der kurzen Branchen-Tour stand am vergangenen Montag noch ein Termin in Grenchen an. In der Uhrenstadt am Jüra-Südfuss hat BMC 40 Millionen Schweizerfranken investiert und eine sehenswerte Fabrik errichtet. Und das nicht nur, weil die ganze Fabrik von Industriedesignern gestaltet worden ist. Denn der Clou ist, dass in besagter Fabrik mit minimalem Einsatz menschlicher Arbeit und umso mehr vollautomatisierten Fertigungsschritten Carbon-Rahmen hergestellt werden. Und zwar nach einem komplett neuen Verfahren, für das die Patente zwar beantragt, aber noch nicht erteilt sind. Entsprechend herrschte in der Fabrik ein striktes Photo-Verbot. Die Bilder stammen entsprechend aus einer aufwändig gestalteten Broschüre von BMC.

Schau mir in die Linse, Kleines: Dieser Roboterarm ist für die Injizierung
der korrekten Menge Kleber an vordefinierten Orten zuständig.

Das Ziel von BMC lautet: Sicherstellung konsistenter Qualität unter Ausschaltung des Fehlerfaktors Mensch sowie weitestmögliche Automatisierung und Standardisierung der Produktionsschritte. Was im Carbon-Rahmenbau eine radikale Kehrtwende bedeutet, denn bisher stecken in einem solchen Rahmen rund 50 Mannstunden Arbeit, meist in Fernost verrichtet. Kein Wunder, lautet BMC’s Slogan «Handmade by machines».

Denn bei BMC’s «Impec» entsteht der Rahmen nicht mehr, indem Kohlefaser-Matte um Kohlefaser-Matte in einer Negativform ausgelegt und mit Harz bestrichen wird – ein Verfahren, das Tür und Tor für Streuungen und Qualitätsschwankungen bietet. Statt dessen wird ein Werkzeugträger von einem Roboterarm in ein futuristisches, «Stargate» genanntes Webrad mit rund drei Metern Durchmesser geschoben. Darauf setzen sich bis zu 128 Spulen in rasende Bewegung, um einen Kohlefaser-Strumpf um den Werkzeugträger herum zu weben. Nach der Injektion des Harzes wird der Rohrrohling abgelängt, lackiert und mit verschiedenen Rahmendekors versehen.

Tarnkappenbomber für 15'000 Franken: BMC's «Impec» mit der elektronischen DuraAce.

In einem letzten Arbeitsschritt stecken Arbeiter die Rohre und Spritzguss-Halbschalen mit Hilfe präziser Werkzeuge zusammen, worauf ein Roboter exakt definierte Mengen Klebstoff injiziert und das gesamte Werkstück im Ofen ausgebacken wird. Von da an geht’s auf den EFBE-Prüfstand, denn BMC unterzieht jeden «Impec»-Rahmen einem Dauerbelastungstest, ehe ein komplettes Rad aufgebaut wird. Je nach Ausstattung werden diese Räder übrigens 10'000 bis 15'000 Franken kosten – oder 6’500 bis 10’000 Euros. Es war schon immer etwas teurer, den letzten Schrei in Sachen Material sein Eigen nennen zu wollen.

Samstag, 10. Juli 2010

Timber zum Zweiten – und Käseschnitten à l’Outdoor

Die Glut eines Feuers taugt nicht nur zum Grillieren von Würsten, wie ein kleiner Selbstversuch in Sachen Outdoor-Kochen gestern gezeigt hat.

Brühwarm war es gegen sieben Uhr abends, als ich mich mit dem gröbsten meiner Radl auf den Weg an die Töss machte. Im Rucksack den kleinen Grillrost, dazu eine Edelstahl-Ofenschale von Ikea und eine Grillschale aus Aluminium. Und in der Ofenschale einige Scheiben nicht mehr ganz frischen Brots, mit Weisswein angefeuchtet, mit Knoblauch belegt und leicht gewürzt.

Zuerst galt es, eine freie Feuerstelle zu finden – und mein liebster Platz war in der Tat noch nicht in Beschlag genommen. Dann stellte sich die Frage nach dem Feuerholz. Mir war ein kleiner, abgestorbener Baum gleich neben dem Waldweg aufgefallen, aber wie ich mich diesem näherte, schien mir der Stamm zu dick, um ihn ins Wanken zu bringen. Doch weit gefehlt: Wie ich mich am Stamm zu schaffen machte, gab dieser ein morsch-splitterndes Geräusch von sich – und legte sich gleich darauf in die Horizontale. Ohne Säge, Axt oder dergleichen.

Dankbarerweise zerbrach der Stamm beim Aufprall in fünf Teile, was den Abtransport entscheidend erleichterte. Eine Weile darauf war die Glut bereit, der kleine Grill positioniert - und die vorbereiteten Käseschnitten kamen auf die Grillschale, abgedeckt von der Ofenschale. Binnen weniger Minuten war der Gruyère-Käse bereits perfekt geschmolzen. Bis ich die glühend heisse Ofenschale mit Hilfe zweier Multitools entfernt und die Grillschale vom Feuer hatte, war das Brot gar schon leicht angekokelt. Ist auf der Glut halt eine andere Hitze als im Backofen.

Mit etwas Kratzen und Schaben liess sich die Kohle zum Glück leicht vom Brot trennen, so dass das Outdoor-Koch-Experiment als Erfolg verbucht werden konnte. Zur Nachahmung empfohlen, unbedingt. Und der Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt, denn was im Backofen geht, müsste sich im Prinzip mit der gezeigten Methode auch auf der Glut eines offenen Feuers zubereiten lassen. In diesem Sinne: Der Sommer ist noch lang. Und abgestorbene Bäume hats auch noch einige.