Das Unterwallis erlebt seit einigen Jahren einen regelrechten Boom: Die Nähe zum Genfer Flughafen, die noch relativ dünne Besiedlung und das angenehme Klima locken eine Menge neue Bewohner ins Tal, und die haben oft einen sehr kosmopoliten Hintergrund. Das gilt auch für den Dutchtub-Kunden, dem wir im Spätherbst eine dunkelgraue Wanne für sein Châlet in La Tzoumaz geliefert hatten.
Erst auf dem Rückweg fiel meinem Bruder ein, dass er eine ganze Werkzeug-Box inklusive Sprit zum Entfernen von Kleberresten an der Lieferadresse vergessen hatte. Weil Mr. Baron, ein Finanzexperte mit britischem Pass und Anstellung in London, für seine Wanne noch weitere Teile bestellt hatte, die nur schwer (wortwörtlich) per Post zu verschicken sind, wurde ich von meinem Bruder angefragt, ob ich nicht eine Abdeckplane und einen Ofen für die Badewanne ins Wallis fahren könne.
Also machte ich mich am Samstag Morgen kurz nach neun Uhr auf den Weg, um via Bern, Fribourg, Vevey und Martigny nach Riddes und dann hoch nach La Tzoumaz zu fahren. Die Bergstrasse war zum Glück weitestgehend schwarzgeräumt, so dass ich auch ohne Allrad-Antrieb ohne Probleme den Berg hoch fahren konnte.
Die Plane und der Ofen inklusive Kamin sind montiert - an einer Wanne
mit einer atemberaubenden Aussicht auf die Walliser Bergwelt.
mit einer atemberaubenden Aussicht auf die Walliser Bergwelt.
Zum Glück wusste ich auch, dass die letzten hundert Meter bis zu Mister Baron’s Châlet nicht asphaltiert sind – statt dessen war diese steile Strasse nun dick vereist. Gut, dass ich mich schon gar nicht rein gewagt, sondern den Wagen an der Hauptstrasse abparkiert hatte. Wie ich die Waren zum Châlet trug, tauchte auch Mr. Baron mit seiner Frau auf – direkt von der Piste und standesgemäss im Landrover, der auch auf dem vereisten Strässchen noch viel Traktion fand.
Also wurde ich zum Kaffee geladen, und während wir uns noch über neureiche Russen und deren unterentwickeltem Geschmack ausliessen, erhielt ich eine SMS von meinem Bruder: Wegen des starken Ferienverkehrs sei die Autobahn zwischen dem Kreuz Härkingen und dem Kreuz Wyggertal verstopft, der Stau 25km lang.
Zuoberst im Goms türmte sich der Schnee am Strassenrand
- und erreichte in etwa die Höhe des Dachs eines Audi Q7.
- und erreichte in etwa die Höhe des Dachs eines Audi Q7.
Nun galt es umzudisponieren: Als Alternative bot sich die Route durchs tiefverschneite Goms an, um per Furka-Autoverlad in die Innerschweiz und so wieder nach Zürich zu gelangen. Trotz einiger stehender Hindernisse (öfters Rentner mit einheimischem Kennzeichen als Touristen) kam ich gut voran, und zudem hatte ich in Oberwald Glück: Als einer der letzten konnte ich ohne Wartezeit auf den Zug rollen.
Ganz anders sah das für all jene aus, die in Realp auf den Zug wollten: Auch abends wurden hier noch 2 Stunden Wartezeit gemeldet, am Nachmittag warens wohl noch deutlich mehr. Weiter gings via Andermatt und die letzten Kehren des Gotthard-Passes hinunter, ehe mich die Autobahn wieder hatte – und das Grau-in-Grau der Alpennordseite mit Hochnebel. Da hatte es im Wallis noch anders ausgesehen: Besonders im Obergoms wars ein traumhafter, wenn auch klirrend kalter Wintertag.
Atemberaubend: Die Aussicht vom Furka-Autoverlad aus,
kurz bevor man ins Dunkel des Tunnels eintaucht.
kurz bevor man ins Dunkel des Tunnels eintaucht.
Schon bald verliess ich die Gotthard-Autobahn, um über die kurvige Axenstrasse nach Brunnen und so auf die Autobahn nach Zug und weiter in Richtung Sihltal zu gelangen. Dass der Berlingo erst am Hirzel nach Benzin lechzte, war angesichts einiger Bergstrassen auf der Route sehr erfreulich - fast 600 Kilometer sind bei einem 50-Liter-Tank keine schlechte Reichweite, wenn man in den Bergen unterwegs ist.
Als ich gegen 18 Uhr Zürich erreichte, war es draussen so dunkel wie zuvor im Furka-Tunnel. Im Vergleich zur Hinfahrt über die überfüllte N1 zwischen Zürich und Bern, wo alle 10 Sekunden auf der Überholspur gebremst wurde, gestaltete sich sogar die Durchfahrt durch Downtown Switzerland geradezu entspannt - mal abgesehen von einem Zuger Linksfahrer, der so dämlich in der Gegend rumgurkte, dass ich ihn am Schluss rechts überholt habe. Mach ich sonst nie, aber hinter diesem Typen zu bleiben, wäre bei dessen Fahrweise noch weit riskanter gewesen.
Für die letzten Kilometer ab Winterthur gab ich nochmals richtig Fersengeld – oder der Berlingo entwickelte Stalldrang. Auf jeden Fall war ich kurz nach halb Sieben abends und nach über 630km Fahrt wieder in Frauenfeld und konnte meinem Bruder den Autoschlüssel retournieren, verbunden mit einem «Mission accomplished».
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