Montag, 20. April 2009

All your cinemas belong to us!

Die Kitag als grösster Schweizer Kinobetreiber prophezeit das Ende von Untertiteln. Bloss nicht! Eine Replik zu Handen des Kitag-Bosses Philippe Täschler.

Sprechen ist ein wesentlicher Teil der Schauspielkunst – von der Wortwahl über die Intonation bis zu gezielt verwendeten Dialekten (vom blasierten Upperclass-English bis zum Südstaaten-Drawl). Um das zu merken, muss man nicht erst Filme gucken, in denen eine blasierte Sprache eine zentrale Rolle spielt, etwa Shakespeare-Verfilmungen von und mit Kenneth Brannagh oder Stephen Fry’s stockschwules Epos «Oscar Wilde». Es reicht, sich im deutschen Privatfernsehen die Synchronfassungen von an und für sich guten Filmen anzutun. Die immergleichen, platten und emotionslosen Synchronstimmen kommen nicht im Ansatz ans Original heran. Und sorgen dafür, dass ein Teil der Athmosphäre vieler Filme flöten geht.


Nur noch schlecht: Samuel L. Jackson auf Deutsch. Geht nicht, geht nun einmal gar nicht.

Seit einigen Jahren ist auch in Schweizer Kinos ein Vormarsch solcher Synchronfassungen zu beobachten. So kann man in Winterthur eigentlich nur noch im Kiwi 11 (kleiner Studio-Saal) sowie in den drei Sälen des Alternativ-Kinos «Loge» untertitelte Originalversionen gucken. Ansonsten ist eine Fahrt nach Zürich angesagt, wenn man sich nicht die Synchronfassung antun will. Ja, sind wir denn im hintersten Thurgau gelandet, fragt sich da der Winterthurer Filmfreund mit einer Vorliebe für Originalfassungen. Endlich lässt nun der Quasi-Monopolist Kitag einen Blick in seine Karten zu – und der lässt einen erschaudern.

Denn Kitag-Boss Philippe Täschler hält die Tage der untertitelten Original-Versionen für gezählt: So etwas tun sich seines Erachtens nur noch Bildungs-Snobs an. Der normale Bürger ist von einer Fremdsprache mit Untertiteln komplett überfordert und bekommt darum die eigentliche Handlung des Films nicht mehr mit, meint Täschler besorgt. Und verweist auf den Wunsch des Publikums, sich im Kino zuerst mal zu erholen und unterhalten zu lassen. Dass Umfragen des Tages-Anzeigers ein komplett anderes Bild der Publikumswünsche ergeben (stolze 93% der Antwortenden ziehen demnach untertitelte Originalversionen vor), tut Täschler mit zwei Erklärungen ab: Erstens sei das Sample der TA-Umfrage nicht für die Bevölkerung repräsentativ, und zweitens wolle niemand in Umfragen dazu stehen, dass ihm Synchronfassungen lieber seien.


Vielleicht muss man das Ganze ins Groteske ziehen, um die Sache klar zu machen:
Pulp Fiction auf bayerisch, anyone?

Dazu kann ich nur sagen: Herr Täschler, unterlassen sie es bitte, für das angeblich unmündige Kinopublikum (immerhin ihre zahlende Kundschaft, und das mit dem Zahlen dann übrigens nicht zu knapp) zu denken. Wenn Umfragen eine grosse Nachfrage nach Originalversionen belegen, dann ist das ein Potential, das ein marktorientierter Anbieter bedienen sollte. Aber ich vergass: Die Kitag ist ja kein marktorientierter Anbieter, sondern ein selbstherrlich agierender Quasi-Monopolist. Und muss sich darum einen Dreck darum scheren, was die Konsumenten wollen. Der wahre Grund, warum die Kitag kaum noch Originalversionen mit Untertiteln zeigt, ist sehr viel einfacher: Es geht mal wieder ums Geld, beziehungsweise ums Sparen. Teutonisierte Synchronfassungen sind nun einmal für die Kitag günstiger zu bekommen als eigens für die Schweiz produzierte Versionen mit Untertiteln in deutscher und französischer Sprache. Dass die Sparmassnahmen der Kitag nicht nur auf Kosten des Kinogenusses, sondern auch zu Lasten der Sprachkompetenz der Bevölkerung gehen, scheint Täschler nicht zu interessieren.

Den Quasi-Monopolisten aufs Korn nehmen - Kitag boykottieren!

Ich freu mich schon jetzt auf Herr Täschlers Gejammer, wenn die Kinos künftig nicht voller werden. Dann werden wohl nicht die Originalversionen schuld sein, die das dumme Publikum überfordern, sondern das illegale Herunterladen neuster Filme im Web. Einen Sündenbock wird Herr Täschler finden, denn die Kitag und ihre Politik, an den Wünschen der Filmfreunde vorbei für die Generation Dumpfbacke zu programmieren, ist ganz sicher nicht Schuld. Nie und nimmer. Das nennt sich dann die Arroganz des Monopolisten. Ich werde Kitag-Kinos bis auf weiteres boykottieren. Den Buckel runter rutschen könnt Ihr mir mit Eurem Synchron-Geseier!

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