Montag, 9. Juni 2008

My Design District - Tubben in Lausanne

Zum dritten Mal war mein Bruder mit den Dutchtub-Wannen zu einem Event der Agentur My Playground an den Gestaden des Genfersees geladen. Und diesmal war auch ein Bakfiets am Start.


Mit ihren Events bietet die Agentur My Playground jungen Kreativen einmal im Jahr die Gelegenheit zum Kontakt mit einer design-affinen Kundschaft. 2006 fand der Event im Château de l’Ail im Herzen von Vevey statt, 2007 im Grand Hôtel du Lac, ebenfalls in Vevey. Dieses Jahr war nun Lausanne an der Reihe, genauer das Flon-Quartier. Einst ein von schrägen Vögeln bevölkertes Mahnmal des industriellen Niedergangs, hat sich dieses Quartier dramatisch verändert – wobei Veränderung die eigentliche Konstante im Flon-Quartier ist.

Zuerst hielten anfangs der Neunziger Jahre eine Vielzahl von Kreativen Einzug, die von den günstigen Mieten in den alten Industriegebäuden profitierten. Auch «Unik Records» betrieb hier ein Tonstudio, in dem einige Meilensteine des frankophon-schweizerischen Hiphops entstanden – namentlich von Sens Unik. Es folgten Immobilien-Haie und danach die Boutiquen bekannter Labels. Die Mieten stiegen so rasch, wie die schrägen Vögel und Alternativen abwanderten. Ironischerweise bietet ausgerechnet die Website eines der Hauptakteure dieses Wandels hin zu einer kommerziellen Nutzung, der LO Holding, einen interessanten und illustrierten Abriss der Geschichte dieses zentral gelegenen Quartiers von Lausanne.

Die Rückkehr der Kreativen - für ein langes Wochenende
Für ein verlängertes Wochenende hielten die jungen Kreativen noch einmal Einzug in das Flon-Quartier, inmitten des neu entstandenen Nightlifes. Und an den ersten beiden Tagen waren diejenigen Aussteller, die ein Dach überm Kopf hatten, deutlich besser dran. Denn am Donnerstag wie am Freitag regnete es oft und ausgiebig, so dass nur wenige Interessenten den Weg zu Badewannen und Transporträdern fanden. Dafür hatten mein Bruder und ich etwas mehr Zeit, um die neusten Kreationen unter die Lupe zu nehmen. Dabei sind mir einige Produkte und Entwürfe besonders aufgefallen.
Es werde Licht
Etwa die Beleuchtungs-Serie «Tetanos» des Freiburgers Boris Dennler, der ausrangierte Teile einer neuen Verwendung zuführt. Recycling meets Design, egal obs um eine Nierenwanne, einen Fahrrad-Scheinwerfer, den Kapitänsstuhl eines kleinen Schiffs oder um das Gitter eines V8-Vergasers geht.
Auch ein Augenzwinkern und eine guten Portion Wortwitz kommen nicht zu kurz, etwa bei der Installation «Livresse»: Die Glühlampe versteckt sich hinter einem geöffneten Buch, so dass es aussieht, als ob die Wand selbst in der Lektüre versunken sei.

Im Wort «Livresse» verstecken sich zudem «Livre» (Buch) wie auch das Wort «l’ivresse» (Rausch, Trunkenheit) – ein nettes, kleines Wortspiel.

Das Label Kikk zeigte eigenwillige Mischkonzepte zwischen Beleuchtung und Wanddekoration – etwa dieses blutrote Hackebeil, das sich auch im Chefbüro einer Gross-Schlachterei gut machen würde. Oder im Schlafzimmer Jeffrey Dahmers unseligen Angedenks...

Am Stand der Genfer Kinder-Boutique Mimito waren nicht nur aufwändig gefertigte Möbel und Kleider aus feinen Stoffen für die Kleinsten zu sehen, sondern auch ein etwas anderes Kuscheltier:
Grossartig, ein gestrickter Kuschel-Krake, so schräge Ideen gefallen mir. Und den Kleinsten ist der taktile Eindruck bei einem Kuscheltier ohnehin wichtiger als die Optik. Im Klartext: Entscheidend ist, wie es sich anfühlt, nicht wie es aussieht.

Endlich kam die Sonne raus...
Zum Glück besann sich Petrus fürs Wochenende eines besseren: Am Samstag liess der Regen schon bald nach, und am Nachmittag zeigte sich sogar für eine Weile die Sonne. Dadurch stieg die Anzahl der Besucher bei den Ausstellern auf dem Freigelände sprunghaft an. So bekamen auch die Eternit-Gartenmöbel sowie die Qrater-Feuerschalen des Belgiers Dirk Wynants, welche das Lausanner Einrichtungsgeschäft Batiplus ausstellte, endlich die gebührende Aufmerksamkeit.
Ebenfalls im Freien wurde der «WiFi Desk» ausgestellt, den Singal Mösch für das Label Hors Séries entworfen hat. Bereits an den verregneten beiden Tagen waren uns diese Teile ins Auge gestochen – und mir war schnell klar, wozu sie gut sein sollten: Es handelt sich um Freiluft-Workstations für Leute mit Laptop. In Zeiten kosten- wie drahtloser Netzwerke und WLAN-Hotspots keine dumme Sache. Weil Sonnenschein und Laptop-Screens sich so gut vertragen wie deutsche und polnische Fussball-Fans, lässt sich das ganze Teil auf dem Sockel drehen.


Das schöne Wetter hatte auch am St(r)and von Double Dutch seine Folgen: Statt uns auf dem durchnässten Sandboden die Zehen einzuweichen und die Schuhe zu ruinieren (wie am Donnerstag und Freitag), quasselten wir uns plötzlich den Mund fusslig, um die Funktionsweise und Vorzüge des Dutchtubs und des Bakfiets zu erklären – und das grösstenteils auf Französisch. Ganz schön anstrengend, weil man immer mal wieder nach Worten ringt.
Die wenigen Interessenten, welche einen zwischendurch auch einmal auf Holländisch, Englisch oder Deutsch ansprachen, waren da umso willkommener. Wie diese junge Mutter aus den Niederlanden, welche ihre beiden Kinder kurzentschlossen für eine Proberunde in den Bakfiets setzte und danach genauso begeistert war wie ihre Kleinen.

Wenn Klischees wanken: Keine Spontanbader in der Romandie
Auch rund um den Dutchtub war am Samstag und Sonntag ständig Hochbetrieb – besonders, wenn sich ein Showbader in der Wanne räkelte. Leider waren kaum Besucher der Ausstellung so spontan, um sich selbst ein Bad zu gönnen. Und das, obwohl mein Bruder noch eilends drei Bikinis und drei Badehosen gekauft hatte (die ganze Box mit den Badekleidern und Frottiertüchern war in der Ostschweiz vergessen gegangen) und die Umkleidekabine bereit stand.

Darum blieb auch der hochwertige Schampus von Veuve Cliquot, der am Sonntag gar eisgekühlt auf die erste Spontan-Baderin wartete, ungeöffnet. Denn mein Helfer Timo und ich begnügten uns mit einem weit proletarischeren Getränk, allgemein auch als Bier bekannt. Ich begnügte mich mit einem kleinen Bier, da ich schliesslich noch den Mietwagen mit Anhänger, Badewanne und allem Gepäck zurück in die Ostschweiz chauffrieren musste.

Der inoffizielle Fahrplan: Messe-Schluss 18 Uhr, Lausanne ab 19:20, Bern an 20:45, Bern ab 20:55 Uhr (Timo abgesetzt, Diesel zum Läng-Gangbang-Sparpreis getankt), Frauenfeld an 23 Uhr (Anhänger abkuppeln, Mietwagen leer räumen und volltanken), Mietwagen in Felben abgeben 23:45 Uhr, letzter Zug nach Winterthur um 0:11 Uhr, wieder zu Hause um 0:40 Uhr. Es waren wahrlich lange Tage... und auf dem Bakfiets kann man auch blitzschnell unterwegs sein - wenn es denn sein muss.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen