Donnerstag, 31. Juli 2008

Nicht zu kaufen: Volksentscheide

Vor zwei Monate erlitt die SVP mit der Einbürgerungsinitiative an der Urne komplett Schiffbruch. Nun wird klar: Die SVP konnte die Niederlage auch mit massiven Werbeausgaben nicht verhindern. Demokratie ist nicht käuflich – eine schöne Erkenntnis am Vorabend des 1. August.

Wie sehr mir die flächendeckende Plakatierung im Vorfeld der Einbürgerungsinitiative auf den Sack gegangen ist, kann man in älteren Beiträgen in diesem Blog nachlesen (dazu bitte im Archiv die Monate Mai und Juni anclicken). Denn die Plakate zur Einbürgerungsinitiative (siehe oben) waren schlicht rassistisch, auch wenn die Urheber nichts davon wissen wollten und ihnen das ein Gericht im Kanton Zürich so bestätigte. Wer derart mit dem Unbehagen gegenüber Menschen mit anderer Hautpigmentierung spielt, hats bei mir eh schon verspielt.

Nun, das Resultat der Abstimmung fiel überaus deutlich aus: Nur 36.2% der Stimmenden und der Kanton Schwyz (wo bekanntermassen viele und besonders gewaltbereite Ausländer leben – NOT!) nahmen diese Gaga-Vorlage an, die es den Schweizerinnen und Schweizern erlaubt hätte, in Sachen Erteilung des Bürgerrechts ein wenig Gott zu spielen. Selbstverständlich aufm Buckel der Ausländer, was denn sonst? Der gemeine SVP-Wähler fühlt sich nie so grossartig, wie wenn er es unterm Schutz des Abstimmungsgeheimnisses irgendwelchen Fremden heimzahlen kann - was auch immer da heimgezahlt werden soll.

Laut Angaben des auf die statistische Auswertung von Werbedaten spezialisierten Unternehmens Media Fokus hat die SVP dabei stolze 4.5 Millionen Franken in die Kampagne gebuttert, während die Gegenseite nur 120'000 Franken aufwenden konnte (respektive mochte) – aber den Anstand wie den gesunden Menschenverstand auf ihrer Seite wusste. Obwohl die SVP 37mal mehr Kohle in ihr flächendeckendes Propaganda-Bombardement butterte, konnte sie am Schluss kaum jemanden ausserhalb der eigenen Wählerbasis von ihrem Anliegen überzeugen.

Saublöd gelaufen, könnte man da konstatieren. Aber kein Wunder, wenn ein saublödes Anliegen von saublöden Leuten mit saublöden Argumenten vorgebracht wird. Das bestärkt zwar die eigenen "Froue und Manne" und mag auch den Unmut über "die Ausländer" etwas kühlen. Aber dieses Predigen zu bereits Bekehrten hat nur bei Leuten gewirkt, die ihr selbständiges Denken beim Parteieintritt ohnehin aufgegeben haben und Blocher an den Lippen hängen - einem der reichsten Bürger dieses Landes.

Dass der eklatante Misserfolg der Partei, die für sich immer in Anspruch nimmt, die Sorgen des kleinen Manns genau zu kennen und anzugehen (zum Beispiel Steueroptimierung, fällt mir da spontan ein), auch mit einer dramatischen Erosion der Glaubwürdigkeit des abgewählten Bundesrats Blocher zusammen ging, macht die Sache umso schöner. Und lässt einen umso unwilliger reagieren, wenn Toni Brunner nun allen ernstes vorschlägt, dass eben dieser Blocher Samuel Schmid im Bundesrat ersetzen solle.

So wissen wir also am Vorabend des Bundesfeiertages, dass auch die selbsternannte Volkspartei kein Anliegen im Alleingang durchbringen kann. Und dass man Entscheide des Volkes an der Urne auch mit einer 37fachen Übermacht in Sachen Werbung nicht kaufen kann. Ob Toni Brunner dies morgen auch so heraus streichen wird, wenn er nachmittags am Brühlberg in Winterthur seine Ansprache hält? Es würde mich überraschen.

Bereits jetzt steht übrigens die nächste Grüsel-Kampagne fest, denn laut der Bundeskanzlei sind für die aus dem Rechtsaussen-Flügel der SVP stammende Minarettsverbot-Initiative ausreichend Unterschriften eingegangen. Das dazugehörende, leicht phallisch anmutende Sujet für Plakate zeigt ein Minarett, das wie eine Stinkmorchel die Schweiz durchstösst. Ist das dahingehend zu interpretieren, dass Minarette den Initianten stinken? Oder dass diese die Schweiz für modrig und von Pilzbefall gefährdet erachten? Ersteres dürfte eher der beabsichtigten Aussage nahe kommen.

Da kann man den SVP-Betonköpfen nur wünschen, dass sich ein paar Hitzköpfe in Pakistan zu antischweizerischen Demonstrationen hinreissen lassen, an der dann die Schweizer Flagge in Flammen aufgeht (virtuell kann man sich darauf schon einmal einstellen). Womit die SVP ein weiteres Beispiel für die Intoleranz und die Gefährlichkeit des Islams (provoziert) hätte.

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