Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel Musik man auf YouTube findet: Das beginnt mit obskuren, frühen Aufnahmen aus den 70ern, etwa dem Song «Can I sit next to you Girl?» von AC/DC. Den findet man einmal mit Dave Evans am Mikro, und die Band liess sich da noch ins Genre Glam Rock einordnen – vom Outfit bis zur Art, wie der Song gespielt wird.
Zwei Jahre später, mit dem ebenso unvergessenen wie unersättlichen Bon Scott (zu dessen Ehren am kommenden Freitag im Gaswerk in Winterthur eine Tribute-Party steigt) am Mikro, präsentiert sich die Band wie ausgewechselt – und weist schon all jene Elemente auf, die AC/DC bis heute unverwechselbar machen. Auch Meilensteine der Musikvideo-Kunst sind auf YouTube zu finden, etwa «Whip it» von Devo: Anfangs der 80er Jahre war dies einer der ersten Clips der MTV-Frühzeit, der eigens im Studio produziert und nicht an einem Live-Auftritt gefilmt worden war.
Selbst aktuelle Hits lassen sich auf YouTube finden - was Sinn macht, weil die vermeintlichen Musik-Fernsehsender ja nur noch Dating-Shows, alternde Rap- und Rockstars auf Brautsuche oder medial inszenierte Selbstverstümmelungen ausstrahlen, aber kaum noch Videoclips. Mir egal, denn die Mucke der 90er finde ich ohnehin weit spannender , einer Ära, in der es noch keine Castingshows für Geltungssüchtige mit unterentwickeltem Sangestalent gab, Piero Esteriore noch von einer Karriere als Coiffeur träumte, Bushido seiner Lehrerin auf die Nerven ging und Bässe noch tief und finster sein durften. Wie ich mich von einem alten Track von Leftfield zum nächsten clickte, fiel mir denn auch eine CD ein, die unmittelbar vor meiner Rückkehr in die Schweiz (nach zwei Jahren in den Niederlanden, 1996 - 1998) in der alternativen Musikpresse mit enorm viel Vorschusslorberen bedacht worden war. Und die ich in Folge des ganzen Umzugsstresses komplett aus den Augen verloren und darum nie gekauft hatte: Es geht um «Psyence Fiction» von UNKLE.
Hinter UNKLE steckte in dieser frühen Phase neben James Lavelle, dem Kopf des Londoner Mo’Wax-Labels, der Frickler und Soundtüftler DJ Shadow. Die beiden holten eine ganze Reihe von Musikern ins Studio, die Ende der 90er den Zenit ihrer Karriere erreicht hatten oder sich noch im Steigflug befanden: Namen wie Thom Yorke (Radiohead), Richard Ashcroft (The Verve), Jason Newstead (Metallica), Badly Drawn Boy oder eine Reihe von MCs wie Mike D oder Lateef the Truth Speaker sprechen für sich.
Nun: Einen Tag, nachdem ich «Psyence Fiction» für lumpige CHF 17.90 bei Cede.ch entdeckt und sogleich bestellt hatte, lag die CD bereits im Briefkasten. Grosse Klasse!
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