Donnerstag, 8. Januar 2009

Umweltschutz ohne Komforteinbusse

Wer die Reduktion von Treibhausgasen forderte, galt lange als Steinzeit-Grüner, der zurück in die Höhle wolle. Nun liefert ausgerechnet McKinsey mit einer Studie Argumente, warum eine solche Reduktion auch ohne Komforteinbusse klappen kann.
Da jubelt der Höhlenmensch: McKinsey hält Emissionsreduktionen
ohne Komforteinbussen für machbar und lohnend.

Allein durch die auf Effizienz abzielende Optimierung aller Automobile in der Schweiz liessen sich die Emissionen des Verkehrs um einen Drittel senken – etwa durch die Montage von Reifen mit geringem Rollwiderstand. Auch die Durchsetzung des Minergiestandards beim Bau neuer Häuser oder der konsequente Einsatz von Energiesparlampen werden als Massnahmen genannt, die zu einer deutlichen Senkung der Treibhausgas-Emissionen führen – und das ohne Komfortgewinn.

Besser noch: Ob leicht rollende Reifen, Minergie-Häuser oder Energiesparlampen, all diese Massnahmen bringen nicht nur der Natur etwas – der Autor der McKinsey-Studie rechnet mit einer Reduktion der Treibhausgase um bis zu 43 Prozent bis ins Jahr 2030, verglichen mit dem Stand von 2005. Sie helfen auch dem Konsumenten, Strom, Treib- und Brennstoffe zu sparen – und damit ganz direkt Geld. Wenn man die Leute schon nicht mit dem Umwelt-Argument abholen kann, dann doch hoffentlich über die Kosten.

Quelle: www.borer-cartoon.ch

Für mich ist vor allem bemerkenswert, dass McKinsey mit dieser Studie jenen Gruppierungen recht gibt, die bisher als realitätsfremde Öko-Romantiker abgetan wurden. Denn Emissions-Reduktionen im nun auch von McKinsey als machbar eingeschätzten Rahmen galten bisher als der sicherste Weg, die heimische Wirtschaft abzuwürgen. Weil das nun schon die Krise übernimmt, steigt die Innovationsbereitschaft – selbst in Branchen, die sich bisher als sehr renitent erwiesen haben. Und warum auch nicht?

Wohl bekomms: Sommer-Smog in Moskau.

Ob Garagisten oder Bauunternehmer, sie alle könnten davon profitieren, wenn sich ökologische Technologien durchsetzen. Sogar die Baggerverkäuferin Jasmin Hutter könnte profitieren - wird das aber aus ideologischer Sturheit weder einsehen noch tun. In Hutters Augen dürfte es vermutlich weit naheliegender sein, die CO2-Emissionen mittels Ausschaffung sämtlicher Nichtschweizer zu senken.

Um Emissionsreduktionen als Chance zu sehen, ist ein Umdenken notwendig – auch bei den Wirtschaftsverbänden und bei der für die Wirtschaft zuständigen Bundesrätin Doris Leuthard. Diese haben bisher voll auf den Emissionshandel gesetzt, um die heimische Wirtschaft mit jedem Reform- respektive Innovationsdruck zu verschonen. Schliesslich sollen immer nur die Arbeitnehmer flexibel sein und ein Leben lang lernen, aber kaum die Arbeitgeber. Und auch die McKinsey-Studie lässt die Industrie aussen vor: Angesprochen sind die Bereiche Wohnen und Mobilität, nicht aber die Produktion.

McKinsey als Primus der Unternehmensberater ist immer wieder ein beliebtes Sujet.

Zu McKinsey und der Gilde der Unternehmensberater fällt mir übrigens noch dieser hübsche Witz ein, den ich erstmals vor Jahren zu hören bekommen habe, als die Unternehmensberater nach dem Platzen der E-Commerce-Blase zum Holzen in den Wirtschafts-Wald ausrückten.

Es war einmal ein Schäfer, der in einer einsamen Gegend seine Schafe hütete. Plötzlich tauchte in einer grossen Staubwolke ein nagelneuer Hummer H3 auf und hielt direkt neben ihm. Der Fahrer, ein junger Mann in Brioni-Anzug, Cerutti-Schuhen, D&G-Sonnenbrille und einer YSL-Krawatte, steigt aus und fragt ihn: «Wenn ich errate, wie viele Schafe Sie haben, bekomme ich dann eins?» Der Schäfer schaut den jungen Mann an, dann seine friedlich grasenden Schafe und sagt ruhig «In Ordnung».

Die Low-Tech-Variante: Schafezählen ohne GPS, Powerpoint und Flipcharts.

Der junge Mann parkt den Hummer, verbindet sein Notebook mit dem Handy, geht im Internet auf eine NASA-Seite, scannt die Gegend mittels GPS, öffnet eine Datenbank und dazu 60 Excel-Tabellen mit einer Unmenge komplizierter Formeln. Schliesslich druckt er einen 150seitigen Bericht aus, startet eine Powerpoint-Präsentation, die er per mobilem Beamer auf eine Kalkfelswand gegenüber projiziert, und eröffnet dem Schäfer: «Sie haben hier exakt 1586 Schafe.»


Der Schäfer sagt staunend «Das ist richtig, suchen Sie sich ein Schaf aus.» Der junge Mann nimmt eins und lädt es in den Jeep ein. Der Schäfer schaut ihm zu und sagt: «Wenn ich ihren Beruf errate, geben Sie mir das Schaf dann zuruük?» Der junge Mann antwortet: «Klar, warum nicht.» Der Schäfer: «Sie sind Unternehmensberater.» «Korrrrrekt, aber woher wissen Sie das?» will der junge Mann wissen. «Sehr einfach» sagt der Schäfer, «Erstens kommen Sie hierher, obwohl Sie niemand hergerufen hat. Zweitens wollen Sie ein Schaf als Bezahlung haben dafür, dass Sie mir etwas sagen, was ich ohnehin schon weiss, und drittens haben Sie keine Ahnung von dem, was ich mache, denn Sie haben sich meinen Hund ausgesucht.»


Oder wie man in Neuseeland zu sagen pflegt, wo mehr Schafe als Menschen leben:
Don’t count the sheep if you do not want to fall asleep.

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