Eigentlich gingen die meisten Beobachter in der Schweiz davon aus, dass Hans-Rudolf Merz sich nach dem Ende seines Präsidialjahres relativ bald in den Ruhestand verziehen würde. Zu sehr hatte er mit nicht mit den Regierungskollegen verabredeten Einzelaktionen diese und auch die parlamentarische Kontrollkommission brüskiert. Und zu tief steckte Merz im lybischen Morast fest – und hat gemäss eigenen Aussagen darum das Gesicht verloren. Mal ganz abgesehen davon, dass Merz für den wohl teuersten Gepäcktransport in der Geschichte des Bundesstaates Schweiz verantwortlich zeichnet.
Doch nun lässt Fulvio Pelli als FDP-Parteipräsident verlauten, dass Hans-Rudolf Merz’ Leistungsnachweis tadellos sei und der Magistrat darum bis zum Ende der Legislatur im Amt verbleiben solle. Damit zeigt Pelli einmal mehr, dass er im Ausblenden von Kritik an Merz grosse Klasse ist. Aber er macht es sich zu einfach, wenn er Merz’ Leistung nur am Pegelstand in der Bundeskasse festmachen will.
Denn in der Konfrontation mit den US-Steuerbehörden hat Merz den Ernst der Lage zu lange nicht erkannt – wie auch nun, da die italienische Steueramnestie dem Tessiner Finanzplatz einen Teil des (Schwarz-)Geldes abspenstig macht. Und statt die sachliche Diskussion mit Peer Steinbrück zu suchen, spielte Merz auf der Klaviatur antipreussischer Ressentiments, assistiert von Blick und anderen Medien. Da wurde aus dem Sozialdemokraten Steinbrück ratzfatz ein Sturmbannführer, und Merz rief zur nationalen Solidarität auf. Solidarität womit? Mit der Beihilfe zum Steuerbetrug?
So bedenklich diese Fehlleistungen des Ausserrhödlers sein mögen, so reichen sie noch nicht für einen raschen Rücktritt – wie es überhaupt in der Schweiz nicht usus ist, persönlich die Konsequenzen aus Fehlleistungen zu ziehen und sein Amt zur Verfügung zu stellen. Für einen baldigen Rücktritt spricht aber, wie nachhaltig Merz mit seiner ebenso unaufrichtigen wie undurchsichtigen Kommunikationspolitik die Chemie im Bundesratsgremium vergiftet hat: Noch am Tag vor seiner Reise nach Tripolis verneinte er gegenüber dem Kollegium seine Reisepläne. So ein egoistischer Irrläufer hat in einem Kollegialgremium wie dem Bundesrat nichts mehr verloren.
Auch für Giacobbo und Müller ist Merz kaum noch mehr als eine Witzfigur.
Und das noch weitere zwei Jahre? Nein danke!
Zumal es Merz, offensichtlich beschwipst ob seines Amtes als Bundespräsident, auch noch für nötig befand, die Genfer Kantonsregierung für ihr Handeln in den Senkel zu stellen (ein ungeheurlicher Eingriff in die Autonomie der Kantone) – und gar Medien für deren in Bezug auf Ghadaffi’s missratenen Sohn zu wenig pflegliche Berichterstattung zu kritisieren. Auch hier muss man festhalten: Weder ist Merz oder die Schweiz als völkerrechtlicher Akteur dafür verantwortlich, was Medien schreiben. Noch viel weniger haben sie in dieser Hinsicht irgend etwas zu melden oder gar Vorschriften zu erlassen.
Dass Pelli den kaum noch zu haltenden Merz nun dazu überreden will, bis zum Ende der Legislatur im Amt zu verbleiben, hat parteipolitische wie wahlstrategische Gründe. Denn nichts ist für eine Partei im Vorfeld nationaler Wahlen dankbarer als eine Diskussion um die Nachfolge im Bundesrat: Der Reigen möglicher Kandidaten dient als Leistungsschau für die jeweilige Partei, wie viele fähige Köpfe sie vorzuweisen hat. Der Sache wie der eigenen Gesundheit zu Liebe sollte Merz nicht auf Pelli hören, sondern seinen Sitz in der Regierung nach dem Ende seines Präsidialjahres räumen.
Woher haben Sie denn das Bild mit dem Flugzeug?
AntwortenLöschenIst keine Quelle genannt.