Dienstag, 24. März 2009

Austreten – durchatmen – aufladen

Wenn man nicht in einer noch grösseren Metropole zu Hause ist, hat man in Taipeh irgendwann genug von Lärm, Abgasen und Strassenschluchten. Die Einheimischen wissen sich zu helfen – und flüchten in den Dajia Riverside Parc.

Nach einer anstrengenden Messe-Woche entschied ich mich, den Sonntag ruhig anzugehen: Also bis kurz nach neun Uhr schlafen, um das Frühstück nicht zu verpassen, und dann weiter zur Taipeh Main Station, um für den nächsten Tag die Ticketpreise und den Ort des Ticket-Schalters der HichSpeed-Railroad ausfindig zu machen.

Das war schnell erledigt, so dass ich mich ins noble Kaufhaus Shin Kong Mitsukoshi begab, auf der Suche nach Lesefutter für Spitznasen (eine echte Marktlücke in Taipeh, es gibt ausserhalb der Hotels fast nur Zeitschriften und Zeitungen in Mandarin). Etwa die aktuelle Ausgabe von «Newsweek».

Oh smack, there goes my baseball cap, it's gone, gone, gone, gone, ain't gonna get it back.

Auf dem Weg in den zwölften Stock des Shin Kong Mitsukoshi stiess ich im elften Stock auf einen kleinen, aber feinen «Lifestyle Store» von Giant – Respekt, in so einem Nobel-Kaufhaus eine Filiale zu eröffnen zeugt von Selbstvertrauen.

Den «Newsweek» fand ich tatsächlich, nahm auch von einer überraschend breiten Auswahl an Fahrrad-Fachzeitschriften Notiz, die zum Teil stark Lifestyle-orientiert daher kommen, und kaufte mir gleich noch mehrwertsteuerbefreit ein paar Treter von Puma. Die alten Schuhe sind zwar unglaublich bequem, aber das Loch in der rechten Sohle macht sie bei Regen unbrauchbar.

Von mild (links) bis zu höllisch scharf (2. von rechts), grafisch dargestellt.

Hungrig verliess ich das Shin Kong Mitsukoshi. Wie ich durch eine unterirdische Shopping-Passage schlenderte, folgte ich einem sehr leckeren Curry-Duft – und landete in einem kleinen Lokal, in dem das Essen in drei Schärfegraden zu haben war. Ich konnte nicht widerstehen und orderte das Beef Curry nicht in mild oder average, sondern spicy. Und das war es, oh ja. Aber durchaus noch essbar, zumindest für meinen Geschmack, auch wenn der Schweiss nur so floss. Ein etwas anderes «Zvieri».

Wohl bekomms - und mehrfach brennen solls!

Zurück im Hotel, wollte ich mich eigentlich zuerst nochmals für eine Siesta hinlegen, entschloss mich dann aber, dem Dajia Riverside Park einen Besuch abzustatten. Denn der Wetterbericht für die kommenden Tage war mehr als ungünstig, also wollte ich schauen, wie die Einwohner Taipehs den Sonntag Nachmittag verbringen. Zudem wollte ich den Komfort der neuen Schuhe testen.

Um halb Sechs machte ich mich auf den Weg, entlang stark befahrenen Zubringern zur Ringautobahn, ehe ich den Eingang zum Dajia Riverside Park vor mir hatte. Hier haben Fussgänger und Radler Vortritt, und das ist in Taipeh eine grosse Ausnahme, fürwahr.

Die ersten hundert Meter sind noch wenig idyllisch: Der Weg ist quasi durchgehend durch eine Geflecht von Betonbrücken überdacht, denn die Taiwanesen planen ihren Verkehr dreidimensional. Krass, was da an Kubikmetern Beton verbaut worden ist.

Auf einem der Parkplätze konnte ich dann beobachten, wie einige Einheimische ihre Falträder nach der Sonntagsausfahrt wieder in ihre Autos verstauten, in vollem Rennradler-Tenue. Das scheint wirklich die gesündere Variante zu sein, als von der Haustür weg los zu fahren, wie ich es mir in der Schweiz gewohnt bin.

Wie ich das Brückengewirr und die Parkplätze hinter mir gelassen hatte, fand ich mich auf einer weiträumigen Grünfläche wieder. Weiträumig, welch ein Stichwort! Nach einer Woche Gewusel in engen Strassenschluchten, klimatisierten Messehallen und vollen Metros hatte ich plötzlich Platz – und der Blick schweifte bis zu den Hügeln am Horizont. Tief durchatmen, geniessen. Herrlich, selbst wenn gelegentlich ein Flieger vom Stadtflughafen her überm Kopf hinweg donnert.

Ich marschierte weiter in den Park hinein, wobei ich zu meiner Belustigung merkte, dass viele Taiwanesen kaum schneller joggen, als ich marschiere. Flanieren ist nun einmal nicht mein Ding, ich setze mir visuell Ziele und steure diese dann zügig an. So auch diesmal: Ich visierte die markante Dazhi Bridge an, eine kühn geschwungene Hängebrücke über den Keelung River. Und stellte belustigt fest, dass das Fahrrad-Verbot im Park noch nicht so lange her aufgehoben worden ist – für neue Verbotstafeln hats zumindest noch nicht gereicht.

Vorbei an Vätern, die mit ihren Söhnen Drachen steigen liessen, verliebten Paaren, Hündelern und unzähligen Radlern steuerte ich auf ein rundes Bauwerk zu, das sich aus der Nähe als «Fountain of Fortune» herausstellte. Inzwischen setzte die Dämmerung rapide ein, aber noch reichte das Restlicht, um einige sichtlich gut gelaunte, einheimische Radler abzulichten.

Weiter zu Uferpromenade, und die Dazhi Bridge rückte immer näher, während es eindunkelte. Zum Glück verfügt meine Cybershot über eine «ISO»-Einstellung, welche die Licht-Empfindlichkeit auf Kosten eines körnigen Grautons massiv heraufschraubt. So gelangen einige Bilder noch ganz passabel.

Aufm Rückweg fand ich dann zum Glück auch eine Route zurück zum Hotel, die nicht an den übelsten Autobahn-Zubringern entlang, sondern durch einen weiteren kleinen Park führte. Und kam mit einem breiten Grinsen und frisch aufgeladenem Akku wieder im Hotel Imperial an.

Ach ja: Das Museum of Fine Arts macht auch im Dunkeln was her – der verschachtelte Baukörper kommt zwar weniger zur Geltung, aber mich hat das Lichtkonzept überzeugt. Sweet!

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