Montag, 12. Oktober 2009

1167 – oder vom Spiel mit dem Leben anderer

Während dreier Wochen haben die Polizeien im Kanton Zürich mal etwas genauer darauf geachtet, ob Fahrzeuglenkerinnen und -lenker im Verkehr verbotenerweise das Handy benutzen. Das Resultat: 1167 verhängte Bussen! Verantwortungslosigkeit scheint weit verbreitet zu sein.

Verschiedene Studien belegen, dass durch die Nutzung von Mobiltelephonen beim Lenken eines Fahrzeuges die Aufmerksamkeit rapide abnimmt und die Unfallgefahr deshalb markant zunimmt: Beim Telephonieren um den Faktor Vier, wobei der Unterschied zwischen der Nutzung einer Freisprecheinrichtung und dem direkten Telephonieren mit dem Handy sehr gering ist, beim Tippen einer SMS bereits um den Faktor 23. Und mit dem iPhone wohl nochmals weit mehr, weil dieses Mobiltelephon für Liebhaber unausgegorener Trendprodukte (ich sag nur: Akku alle zwei Tage laden, was für ein Flop! Das iPhone ist mir bald einen Eintrag unter der Rubrik «Bad Style» wert...) ja nicht einmal erfühlbare Tasten, sondern nur einen Touchscreen zu bieten hat. Blindes Tippen im Schoss liegt da nicht drin.

Der Mensch überschätzt ganz generell sich und seine Fähigkeit zum Multitasking. Systematisch unterschlagen werden dafür die Gefahren, die dadurch im Strassenverkehr herauf beschworen werden. Als überzeugter Velo-Fahrer (und nicht Rowdy, das nur schon mal an die Adresse der vielen Autofahrer mit einer offenkundig manischen Fixierung auf angebliche Velo-Desperados) kann ich ein Lied von telephonierenden, auf ihr Navi (noch so ein ablenkendes Element, das ohne Zweifel für viele Unfälle mitverantwortlich ist) starrenden Automobilisten singen, die für alle anderen Verkehrsteilnehmer zu einer akuten Gefahr werden. Aber auch Fussgänger sind mir ein Dorn im Auge, die eine SMS tippend in Super-Zeitlupe über den Fussgängerstreifen schlurfen – oder mitten im Pendlerstrom einen Vollstopp machen, weil Fortbewegung und das Lesen einer SMS sich nicht vertragen.

Über die Verantwortungslosigkeit insbesondere von handynutzenden Autofahrern kann ich nur den Kopf schütteln. Es käme mir echt nicht in den Sinn, beim Radeln auch noch zu telephonieren. Ganz abgesehen davon, dasss die Windgeräusche das kaum zulassen, muss ich ja jeweils alle motorisierten Verkehrsteilnehmer genau im Auge behalten und für sie mitdenken, um Unfälle zu verhindern. Denn wenn ich einfach stur auf meinem Recht beharren würde, käme es bei jeder Fahrt zum Einkaufen oder an den Bahnhof und sowieso auf längeren Trainingsausfahrten unweigerlich zu Kollisionen.


Besonders zu denken gibt mir die Zahl 1167: Eine derartige Häufung von Bussen, in nur drei Wochen und in nur einem Kanton – und das bei einer nach wie vor enormen Dunkelziffer! Da muss man schon fast von einer breit angelegten Verweigerungshaltung sprechen. Oder von einer kompletten Verluderung der Sitten im Verkehr. Dazu passt auch, dass von ingesamt 13800 Verkehrsunfällen auf Zürcher Kantonsgebiet im Jahr 2007 gut 3000 auf Ablenkung oder Unaufmerksamkeit zurück zu führen waren. Kein Wunder, dass das Bundesgericht in einem Urteil vom 24. September dieses Jahres zum Schluss kam, dass das Schreiben einer SMS am Steuer eine grobe Verletzung der Verkehrsregeln sei.

Dabei sind die Strassenverkehrsgesetze nicht dazu da, die armen Bürger zu schikanieren: Statt dessen sollen sie eine reibungslose Funktion des Verkehrs sicherstellen. Und das funktioniert nun einmal meist nur durch eine hohe Regulierungsdichte – was wiederum ablenkende Elemente zu einem grossen Störfaktor werden lässt. Wer also das nächste Mal telephonierend auf einen Stau auffährt und über rotgrüne Verhinderungspolitiker zu fluchen beginnt, der sollte sich einmal oder lieber zwei Mal überlegen: Wer oder was verursacht den Stau? Und wer steht drin?

Weitere Facts, eine Übersicht über die geltenden Verkehrsregeln sowie einen Online-Blindflug-Simulator findet man auf den folgenden Seiten der Polizei:

http://www.lenkenstattablenken.ch

http://www.handyamsteuer.ch/

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