Dienstag, 20. Oktober 2009

Atemlos und sensationsgeil: Medien in der Webfalle

Die Online-Ausgabe des Tages-Anzeigers meldet heute, dass auf der Autobahn nahe Zürich ein Velofahrer gesichtet worden sei – und prompt zetert schon ein Herr Del Rio über die kriminellen und verantwortungslosen Velofahrer los.


Ein Blick auf das Leserphoto im Artikel des Tages-Anzeigers zeigt aber schon: So aufrecht, wie der Fahrer auf seinem Bock sitzt, kann das kein Velo sein. Und die Tatsache, dass der Fahrer von einem Auto eskortiert und aus diesem gefilmt wurde, hätte auch stutzig machen müssen. Aber nein, der Journalist des Tages-Anzeigers zog es vor, aus dem Leserbild eine Sensationsgeschichte über einen lebensmüden Velofahrer und genervte Automobilisten zu basteln. Mit der Betonung auf basteln.

Gleichwohl stutzte ich: Bereits vor einiger Zeit hatte ich mal auf einem der diversen Privat-TV-Sender Deutschlands einen Bericht über ein Elektro-Leichtmotorrad gesehen, bei dem man nach Belieben mittreten – und mit dem man sich legal auf die Autobahn begeben kann. Eine kurze Recherche im Web brachte den Namen dieses Gefährts ans Licht, und damit wurde aus der Sensationsgeschichte ein schlichter PR-Gag.

Für mich ist klar: Was da auf der Autobahn unterwegs war, war eben ein «e-RockIt»: Dieser Zwitter aus Velo und Motorrad schafft dank 12PS bis zu 80 Sachen, muss mit Helm gefahren werden und ist als Leichtmotorrad zugelassen. Damit darf man mit diesem Teil auch offiziell auf die Autobahn, egal was die genervt hupenden Autofahrer (wieder mal sehr bezeichnend, diese Reaktion der selbsternannten Krone der automobilen Schöpfung: Die Hupe als Keule des neuzeitlichen Neandertalers) meinen. Und darum sollten sich auch notorische bis pathologische Velohasser wie Fernando del Rio ganz schnell abregen.

Aber seit wann brauchen denn ebenso bornierte wie selbstgerechte Blechkutscher wie Fernando del Rio einen triftigen Grund, um über Velofahrer abzuseihern? Das geht auch ohne.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen